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Adipositas

    Adipositas (adiposity), auch Fettsucht, bezeichnet die Vermehrung des Körpergewichts durch eine übermäßige Ansammlung oder Bildung von Fettgewebe im menschlichen Körper.

    Der Ernährungsbericht Österreich 2017 (nach der Methode der WHO Europa) besagt, dass etwa 30 Prozent der Buben in der dritten Schulstufe übergewichtig oder gar adipös sind, während bei den Mädchen die Rate etwas geringer ist und von 21 Prozent im Westen und Süden Österreichs bis zu 29 Prozent im Osten reicht. Demnach steht Leben in der Stadt, das Fehlen eines Turnsaales sowie kein Gemüseangebot in der Schule in direktem Zusammenhang mit der Entwicklung von Übergewicht. Eine Metaanalyse von 87 Studien (Kinder und Eltern) aus den vergangenen fast 20 Jahren zeigte, dass viele Eltern dicker Kinder diese nicht als übergewichtig oder gar fettleibig ansehen, wobei mehr als die Hälfte der Eltern den Grad an Übergewicht unterschätzen. Auch die Mädchen und Buben kannten ihren hohen Gewichtsstatus oft nicht. Eltern, die selbst zu übergewichtig und auch nicht so gebildet sind, liegen liegen mit ihren Schätzungen besonders häufig daneben, und 34 Prozent der zu dicken Kinder und Teenager schätzten den Grad ihres Übergewichts ebenfalls als zu gering ein. Jedoch auch viele Mediziner irrten sich dabei.


    Um das Körpergewicht von Kindern richtig einzuschätzen, gibt es die Broschüre „Übergewicht bei Kindern: Fragen und Antworten“ der Wiener Gebietskrankenasse zum Gratis-Download.


    Dicke Kinder haben ein hohes Risiko, übergewichtige Erwachsene zu werden, und dadurch sowohl gesundheitliche  als auch psychische Probleme zu entwickeln, wenn sie etwa wegen ihres Übergewichts verspottet werden. Präventionsmaßnahmen sollten nach Ansicht der Autoren der Studie früh beginnen. In Finnland konnte man die Rate an übergewichtigen Kindern von 17 auf zehn Prozent dadurch reduzieren, dass die Schüler in den Schulstunden nicht mehr die meiste Zeit sitzen, sondern viel stehen müssen.
    Die Prävalenz für Übergewicht und Adipositas ist bei Erwachsenen allerdings noch höher als bei den Kindern, denn 41 Prozent der österreichischen Erwachsenen sind übergewichtig, woeei Männer häufiger betroffen sind als Frauen, wobei noch hinzukommt, dass die Rate der Übergewichtigen mit dem Alter zunimmt. Ursachen sind unter anderem der hohe Konsum von Fleisch und Süßigkeiten, wobei vor allem Männer zu viel Fleisch essen.

    In einer repräsentativen Fragebogenuntersuchung wurde  von Hilbert et al. (2013) bei übergewichtigen und adipösen Studienteilnehmern ab 14 Jahren untersucht, wie weit sie negative gewichtsbezogene Meinungen und Vorurteile für sich annehmen, sich selbst stigmatisieren und ein erhöhtes Risiko für gesundheitliche Beeinträchtigungen haben. Dabei zeigte sich, dass adipöse Menschen auf Grund des Selbststigmas nicht seltener, sondern häufiger zum Arzt gehen, was teilweise im Sinne verminderter Selbstwirksamkeit auf den als schlechter wahrgenommenen Gesundheitszustand und die Annahme, dass man selbst nicht wirklich etwas verändern kann, zurückzugehen könnte. Andere Studien belegen allerdings auch, dass adipöse Männer und Frauen seltener Vorsorgeuntersuchungen durchführen, da sie aufgrund ihres Gewichts Ablehnung oder Abwertung in der Behandlungspraxis befürchten. Die Stigmatisierung von Adipositas trägt nicht dazu bei, dass die Betroffenen besser abnehmen, vor allem dann, wenn das Selbststigma den Selbstwert mindert. Wenn das negative Fremdbild zum Selbstbild wird, benötigen die Betroffenen psychotherapeutische Hilfe, um das schädliche Selbststigma zu überwinden. Auch in der Behandlung der Adipositas ist es wichtig, darauf zu achten und es nicht weiter zu vertiefen. Übergewichtige Menschen, die schon in der Kindheit und Jugend für ihr Aussehen gehänselt wurden, sind durch diese Stigmatisierung belastetet und neigen zu emotionalem Essen, wobei sie bei Ärger, Stress, Traurigkeit, Langeweile und ähnlichen negativen Emotionen versuchen, durch Essen wieder eine positivere Stimmung zu erreichen, wodurch ein Teufelskreis aus Hänseleien, negativen Emotionen, Frustessen und weiterem Gewichtsanstieg entstehen kann, der noch mehr Hänseleien nach sich zieht. Verschiedene Studien belegen auch, dass Stigmatisierung eine langfristige Gewichtsabnahme beeinträchtigt. Für eine Therapie der Adipositas muss daher der Zusammenhang zwischen Stigmatisierung und einem kleineren langfristigen Abnehmerfolg beachtet werden, denn nur ein anhaltend niedrigeres Körpergewicht hilft, die schweren Folgeerkrankungen einer Adipositas wie Diabetes, Arteriosklerose, Fettleber oder Bluthochdruck zu reduzieren.

    Adipositas durch Trostessen und Frustessen

    Eine nicht unwesentliche Grund für Übergewicht ist das Trostessen, denn nach Schätzungen sind etwa dreißig Prozent aller Menschen emotionale Esser, d. h., sie greifen zu Nahrungsmitteln, wenn sie traurig, wütend oder einfach gestresst sind. Bekanntlich beruhigt und entspannt Essen allein durch die Energiezufuhr, wobei dieser Effekt meist nur kurzfristig ist. Darüber hinaus nehmen emotionale Esser generell zu viel Nahrung zu sich und das oft in Form von eher ungesunden Produkten wie Eis, Chips oder Kuchen. Emotionales Essen ist daher nicht nur ein Hauptgrund für Übergewicht, sondern auch dafür, dass Menschen essen, obwohl sie keinen Hunger haben.

    FettleibigkeitBarbara Kandler-Schmitt berichtet im März 2016 in der Apotheken Umschau unter dem Titel „Weshalb wir bei Stress mehr essen“, dass bis zu dreißig Prozent der Menschen dazu neigen, in emotional belastenden Situationen mehr zu essen, und zwar vor allem süße und fettreiche Nahrung. Offenbar lösen Geschmacksreize über Erinnerungen emotionale Reaktionen aus, wobei Lernprozesse dabei eine wichtige Rolle zu spielen scheinen, denn ein Zuckerl lässt Kinder das schmerzende Knie schneller vergessen und eine Tafel Schokolade sorgte auf einer langen Autofahrt für Ablenkung, denn bekanntlich sind Kinder durch süße Geschmacksreize gut zu besänftigen. Einerseits steuert die Laune das Essverhalten, andererseits scheinen aber auch die Inhaltsstoffe von ­Lebensmitteln die Emotionen zu beeinflussen, wobei energiereiche Nahrungsmittel wie Fett und Zucker die Ausschüttung angstlösender und stimmungsaufhellender Botenstoffe wie Serotonin und Dopamin bewirken, die das Belohnungszentrum im Gehirn aktivieren. Ähnliches gilt auch für Salz, denn manche Menschen gelüstet es bei Furcht oder Wut nicht nach Gurken und Karotten sondern nach Chips und Schokolade, Pizza und Hamburger. Alle Substanzen, die im Körper Dopamin freisetzen, führen häufig zu Suchtverhalten, sodass Frustessen ebenfalls süchtig machen kann. Wird Nahrungsaufnahme zur Ersatzbefriedigung, verlieren die Betroffenen das Gefühl dafür, ob sie hungrig oder satt sind, ob ihr Appetit körperliche oder seelische Ursachen hat. Ist aber  emotionales Essverhalten schuld am Übergewicht, bringen Diäten nichts, denn das eigentliche Problem bekommt man damit nicht in den Griff.


    In einer Frauenzeitschrift gab eine Aromatherapeutin Tipps, wie man mit verschie­denen Duftmischungen, die auf ein Taschentuch oder in die Duftlampe geträufelt, bei typischen emotionalen Situationen helfen können, in denen man gerne zu Snacks oder anderen eher ungesunden Nahrungsmitteln greift. Ist jemand total im Stress, hilft folgende Duftmischung: Sieben Tropfen rote Mandarine (aus reifen Früchten gewonnen!) wirken auf das zentrale Nervensystem und nehmen sofort den Stress, beruhigt und fördert die Konzentration. Ergänzend sorgen drei Tropfen Zirbelkiefer dafür, dass man sich geerdet fühlt und die anstrengende Situation besser durchhält, wobei ein Tropfen Basilikum zudem die Nervosität abschwächt. Bei Traurigkeit, Kummer und akuten Weltschmerz stillen am besten blumig-holzige Öle: Ein Tropfen der Blüte des asiatischen Ylang-Ylang-Baums ist der Duft gegen depressive Verstimmungen, denn er verbessert schnell die Laune. Psychische Anspannungen lösen zwei Tropfen Neroli (Öl der Orangenblüte) und zwei Tropfen Zeder fördern mit ihrem holzig-erdigen Duft nicht nur das Loslassen des Kummers, sondern beruhigt und harmonisiert auch die Gedanken.


    Zwar existiert diese hier beschriebene Verbindung zwischen dem subjektiven Gefühl des Hungers und der Ausschüttung von Dopamin, doch man kann die Fettsucht allein durch Dopamin wohl nicht regulieren, denn der Einfluss zwischen Botenstoffen und konkretem menschlichen Handeln ist noch kaum erforscht, da hier immer auch noch die kognitive Kontrolle eingreift. So gibt es auch einen starken Zusammenhang mit dem Mikrobiom des Menschen, also der Flora in Magen und Darm, das für die Regulierung der Nahrungsaufnahme entscheidend sein kann, denn je nach Zusammensetzung der dieser Darmbakterien neigen manche Menschen eher zu Übergewicht.

    Siehe dazu auch Wie das Gehirn lernt, fettreiche und zuckerreiche Lebensmittel zu bevorzugen.

    Historischer Rückblick

    Evolutionär sind Menschen auf möglichst energiereiche Nahrung ausgerichtet, d. h ., Lebensmittel, die einen hohen Zucker- und Fettgehalt miteinander kombinieren, werden bevorzugt, sodass süße und fette Speisen die stärksten Reaktionen im Belohnungszentrum des Gehirns auslösen. Wahrscheinlich werden Menschen schon durch die Muttermilch darauf geprägt, besonders positiv auf Nahrung reich an Kohlenhydraten und Fetten zu reagieren und das als besonders befriedigend wahrzunehmen. Die Kombination beider Energieträger verschafft daher auch später im Leben die höchste Zufriedenheit bei der Nahrungsaufnahme und sorgt für die entsprechende Beliebtheit dieser Nahrungsmittel, wobei diese Kombination in der Natur eher selten vorkommt, da die meisten natürlichen Lebensmittel entweder fett- oder zuckerreich sind. Im Gegensatz dazu zeigen verarbeitete Lebensmittel sehr oft eine hohe Fett- und Kohlenhydratgehalt, also Lebensmittel wie Pizza, Torten oder Schokoladenkekse, was vermutlich der Grund ist, dass viele Menschen von solchen Speisen nicht genug bekommen können. Diese Fett-Kohlenhydrate-Kombinationen hebelt das Sättigungsgefühl des Menschen gewissermaßen aus. Solche mehr oder minder natürlichen Vorlieben und das Überangebot an entsprechenden Speisen sind daher wesentliche Faktoren, die weltweit dafür sorgen, dass zunehmend mehr Menschen unter gesundheitsschädlichem Übergewicht leiden (DiFeliceantonio et al., 2018). Man kann pointiert formulieren, dass ein Belohnungsreiz, der in der Evolution zum Überleben der Menschheit beigetragen hat,  in der heutigen Welt des Überflusses den Menschen zum Verhängnis werden kann.

    Menschen waren ursprünglich eher klein und schlank und sie haben an Größe und Masse im Grunde erst seit dem Sesshaftwerden im Mittelalter zugenommen, wobei zunächst hauptsächlich ein Wachstum in die Länge zu bemerken war. Dieses Längenwachstum (Akzeleration) hat keine Probleme bereitet, sondern erst das Wachstum in die Breite, das in Mitteleuropa in der Nachkriegszeit begann, hat sich auf den Lebensstil und auf die Lebenserwartung ausgewirkt. Seither wird die Menschheit im Durchschnitt immer fülliger, wobei nach Untersuchungen etwa jeder dritte Erwachsene weltweit zu dick ist. Sogar in den Entwicklungsländern hat sich die Zahl der übergewichtigen und fettleibigen Menschen in den letzten dreißig Jahren vervierfacht, und auch in den asiatischen Ländern greifen die Menschen heute lieber zu Fleisch, Fett und Zucker als zu Getreide und Gemüse. Ein Hauptproblem liegt darin, dass die Bevölkerung das Nichtessen nicht mehr gewohnt ist, sondern Menschen befinden sich 18 Stunden in einer postprandialen Phase und nur sechs Stunden in einer nüchternen Phase, also während des Schlafes. Gäbe es den Schlaf nicht, würden Menschen vermutlich durchessen, wie sich bei Berufen mit Nachtarbeit zeigt. Der Mensch als Jäger und Sammler war bestrebt, keine einzige Kalorie zu vernichten und keine Energie zu verlieren, d. h., alles sollte im Körper bleiben. Heute verzehren die Menschen größere Mangen an Lebensmitteln und bewegen sich dabei aber immer weniger. Durch die Gewöhnung an den hohen Energiebedarf steigt das Verlangen vor allem des Gehirns nach Zucker. Bei Menschen, die rund um die Uhr Nahrung zu sich nehmen, dehnt sich mit der Zeit der Magen und ein Sättigungsgefühl macht sich erst sehr spät bemerkbar.

    Ökologische Aspekte der Fettsucht

    Adipositas verursacht große Kosten für die Gesundheitssysteme der Welt, aber auch erhebliche ökologische Kosten für die Umwelt, denn hochenergetische Lebensmittel haben sich als Hauptverursacher von Treibhausgasemissionen erwiesen und stellen das Dreieck zwischen Ernährung, Umwelt und Gesundheit in Frage. Die Verschwendung von Ressourcen und die unnötigen ökologischen Kosten durch einen übermäßigen Verzehr von Lebensmitteln, die zu Fettleibigkeit führen, wurden bisher weitgehend ignoriert. Das überschüssige Körpergewicht weltweit entspricht ungefähr 140 Milliarden Tonnen Lebensmittelabfall, wobei den größten Anteil dabei tierische Produkte ausmachen. Wissenschaftler haben nun berechnet, wie groß der ökologische Fußabdruck der zu viel gegessenen Nahrung ist: Allein die Produktion des metabolischen Lebensmittelabfalls der Welt war für etwa 240 Milliarden Tonnen CO2-Emissionen verantwortlich, etwa so viel, wie die Menschheit in den letzten sieben Jahren durch die Nutzung fossiler Brennstoffe emittiert hat (Toti et al., 2019).


    In der Adipositas-Forschung unterscheidet man zwei Formen von Fettgewebe: Während weißes Fettgewebe Energie speichert, unter anderem an Bauch, Hüfte und Gesäß, verbraucht braunes Fettgewebe Energie, indem dieses in Wärme umgewandelt wird. Das braune Fettgewebe sorgt in erster Linie dafür, dass der Körper bei Kälte seine Temperatur aufrecht erhalten kann. Die Wissenschaft beschäftigt sich seit einiger Zeit mit der Frage, wie die innere Heizung angeschaltet und der Mechanismus genutzt werden kann, um langfristig Gewicht zu verlieren und damit fettleibigkeitsassoziierten Erkrankungen entgegenzuwirken. Eine Mischform der beiden ist beiges Fettgewebe – s. u.

    Es gibt übrigens in der Entwicklung des Menschen verschiedene Phasen der Formen von Fettgewebe: Babys haben große Mengen braunen Fettgewebes, das sie vor Kälte schützt, indem die Zellen  Kalorien verbrennen und Energie in Form von Wärme frei wird, d. h., Neugeborene regulieren damit ihre Körpertemperatur. Die Fettgewebe Erwachsener hingegen bestehen vorwiegend aus weißem Fett, das überschüssige Energie speichert, aber auch aus beigem Fettgewebe, das sich aus weißem Fett entwickelt und wie braune Fettzellen Kalorien verbrennt. Weiße Fettzellen dienen vor allem als Energiespeicher, denn wenn dem Körper genügend Nahrung zur Verfügung steht, vermehren sie sich und speichern Energie in Form von Fetttropfen für schlechte Zeiten.  Das Immunsystem reagiert dabei auf Kälte mit einer proteingesteuerten Aktivierung des braunen Fettgewebes.

    Neuere Untersuchungen zeigen übrigens, dass die Masse braunen Fettes im Menschen dreimal größer ist als bisher bekannt war. Bei der Auswertung von PET-Scans von Diabetes-PatientInnen konnte man das aktive braune Fettgewebe sichtbar machen, wobei das braune Fettgewebe viel Zucker aufnimmt und diese Aktivität über Scans nachvollziehbar gemacht werden. Manche Personengruppen können dabei stärker als andere ihr braunes Fett aktivieren, wobei Frauen häufiger aktiveres braunes Fett als Männer besitzen. Ebenso besitzen schlanke und jüngere Menschen mehr Anteile an braunem Fett, während bei Beleibteren und bei älteren Menschen das braune Fett nicht so aktiv reagiert. Bei etwa fünf Prozent der PatientInnen kommt aktives braunes Fett weitaus häufiger vor als bei der allgemeinen Bevölkerung, was möglicherweise erklärt, warum die einen rasch zunehmen, während anderen Schlemmerei nichts ausmacht, d. h., sie haben unterschiedliche Körpergewichte bei gleicher Ernährung. Die Braunfett-Aktivität wird dabei durch die Kreatinin-Clearance beeinflusst, die mit der Nierenfunktion in Zusammenhang steht. Die Kreatinin-Clearance gibt dabei über die Filtrationsleistung der Nieren Auskunft, indem der Körper das Flüssigkeitsvolumen kontrolliert, indem er es durch die Nieren schleust. Die Kreatinin-Konzentration und damit die Kreatinin-Clearance ist dabei abhängig von der Körpermasse.

    Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme mitentscheidend

    Untersuchungen zeigen auch, dass wer des Nachts regelmäßig isst, eher zu Übergewicht neigt, was daran liegt, dass im Gehirn eine zentrale Uhr regelt, wann man wach ist und wann man schläft, doch es gibt auch innere Zeitgeber außerhalb des Gehirns, die in jeder Zelle des Körpers arbeiten, wobei einzelne Gene nachts stärker oder schwächer aktiv sind als tagsüber. In der Leber, dem Fettgewebe und der Muskulatur beeinflussen diese inneren Uhren unter anderem den Energiestoffwechsel, was natürlich Einfluss auf das Körpergewicht hat. So ist die Bildung der Hormone Insulin, Glucagon, Leptin, Adiponectin und Ghrelin tageszeitlichen Schwankungen unterworfen, wobei Leptin, das den Hunger unterdrückt, in der Nacht vermehrt gebildet wird. Auch bei den einzelnen Enzymen, die im Körper die Nährstoffe verarbeiten, gibt es tageszeitliche Schwankungen, d. h., der Zeitpunkt, zu dem man isst, hat einen Einfluss darauf, ob Energie verbraucht oder im Fettgewebe gespeichert wird. Über die Ernährung kann also die Innere Uhr verstellt werden (entrainment), wobei fettreiche Mahlzeiten etwa eine andere Wirkung als eine kohlenhydratreiche Kost haben. Für die Behandlung von Übergewicht und damit verbundenen Krankheiten kann es daher auch entscheidend sein, die Nahrungszeiten mit der inneren Uhr in Einklang zu bringen, was etwa bei Schichtarbeitern wichtig sein kann (vgl. Kessler et al., 2014). Loizides-Mangold et al. (2017) haben jüngst auch bestätigt, dass im Tagesverlauf die Zusammensetzung unterschiedlicher Fettmoleküle im Muskelgewebe periodisch schwankt, was deren eigene biologische Uhr bestätigt. Man untersuchte zunächst das Muskelgewebe von Probanden, die sich zuvor an einen geregelten Tagesablauf in Bezug auf Mahlzeiten und Lichtexposition halten mussten, wodurch die Hauptuhr der Teilnehmer synchronisiert wurde. Alle vier Stunden entnahmen die Forscher eine kleine Gewebeprobe aus dem Oberschenkelmuskel der Probanden, wobei sich zeigte, dass die Zusammensetzung an Lipiden mit der Tageszeit zusammenhängt. Da Fettmoleküle ein wichtiger Bestandteil von Zellmembranen sind, vermutet man nun, dass sich die Zusammensetzung und damit Durchlässigkeit der Membranen der Muskelzellen im Tagesverlauf ändern, und damit ihre Fähigkeit, bestimmte Moleküle wie etwa das Hormon Insulin aufzunehmen, das den Zuckerstoffwechsel reguliert.

    Besonders das Hormon Ghrelin reguliert den Appetit, fördert nach neuen Erkenntnissen auch das Wachstum neuer Hirnzellen und schützt die Zellen so vor Umwelteinflüssen, indem es so deren Alterung verlangsamt. Injiziert man Mäusen Ghrelin, schneiden sie in Lern- und Erinnerungstests besser ab, wobei sich in ihren Gehirnen vermehrt neuronale Verschaltungen nachweisen lassen. In der Petrischale teilen und vervielfachen sich Gehirnzellen unter dem Einfluss von Ghrelin, d. h., die Neurogenese wird durch Ghrelin stimuliert. Bedeutung könnten diese Erkenntnisse für die Parkinsonforschung haben, denn das Hungerhormon Ghrelin kann Dopaminzellen vor biochemischen Stress schützen und ist damit ein potenzieller Kandidat, der das Fortschreiten der Parkinsonsymptome möglicherweise stoppen könnte. Parkinsonpatienten mit Gedächtnisstörungen zeigen im Blut oft sehr geringe Werte von Ghrelin, sodass diese Patienten von einer Ersatztherapie profitieren könnten. Im Übrigen können stark kalorienreduzierte Diäten nachweisbar das Ghrelinniveau im Blut anheben, woraus sich der Spitzname Hungerhormon ableitet.
    adipositas

    Genetische Ursachen

    Eine Untersuchung von Donkin et al. (2016) zeigte, dass fettleibige Väter signifikant häufiger Kinder mit Übergewicht haben. Adipöse Männer geben mit ihren Spermien epigenetische Marker an ihre Nachkommen weiter, die unter anderem mit der Appetitkontrolle in Verbindung stehen. Spermazellen von Testpersonen, die sich einer chirurgischen Magenverkleinerung unterzogen und dadurch abgenommen hatten, zeigten im Gegenzug über fünftausend epigenetisch bedingte strukturelle Veränderungen an der DNA. Man schließt nun daraus, dass Väter offenbar in gewisser Weise auch den aktuellen Gesundheitszustand wie etwa Übergewicht an ihre Kinder vererben können.

    An der Entstehung von Fettleibigkeit beim Menschen spielt das Melanocortin-System im Gehirn eine wichtige Rolle, denn dieser Regelkreis kontrolliert den Fettstoffwechsel unabhängig von der Nahrungsaufnahme. Über dieses System signalisiert das Gehirn, wie viel Zucker und Energie in Fett umgewandelt, in Fettzellen gespeichert oder im Muskel verbrannt werden soll. Spezielle Nervensysteme in Regionen des Hirnstamms und im Hypothalamus überprüfen permanent den Energiezustand des Körpers, und senden in Abhängigkeit von den gemessenen Werten Signale, um Schwankungen in der Nährstoffversorgung auszugleichen. Die Melanocortin-Neruronen produzieren dabei ein Protein, das Bindungspartner des Melanocortin-Rezeptors ist, wobei bei Menschen eine loss-of-function Mutation im Gen des Melanocortin-4-Rezeptors schon in jungen Jahren zu Übergewicht, Hyperphagie und Hyperinsulinämie führen. Die Melanocortin-Neuronen erhalten direkte Informationen vom afferenten Vagus Nerv, der Signale von den inneren Organen ans Gehirn sendet, und empfangen  endokrine Signale durch Leptin, Insulin, Cholecystokinin und Ghrelin, die über die verfügbare Energiemenge im Körper informieren. Mutationen des Melanocortin-Systems zählen daher zu den häufigsten genetischen Gründen für frühe Fettleibigkeit beim Menschen.

    Eine Schlüsselrolle im Hunger-Sättigungsmechanismus spielt demnach das MC4R-Gen, das den Bauplan für den Melanocortin-4 Rezeptor (MC4R), der den Energiehaushalt des Organismus und das Körpergewicht reguliert, liefert und somit das Körpergewicht reguliert. Im Gehirn führt normalerweise die Bindung des sogenannten Sättigungshormons Leptin an den LEPR über mehrere Schritte zur Produktion des Melanozyten-stimulierendes Hormons (MSH). Die Bindung von MSH an MC4R löst dann das eigentliche Sättigungssignal in den Zellen aus. Ist der Rezeptor LEPR jedoch defekt, wird die Signalkaskade der Sättigung unterbrochen und ein ungestilltes Hungergefühl begünstigt das Entstehen einer Adipositas. In einer Berliner Untersuchung verabreichte man Adipösen ein Peptid, das an die MC4R-Rezeptoren bindet und daher das Sättigungsgefühl wieder auslöst, was Rolle des MC4R Signalweges in der Appetitregulation bestätigte.

    Jensen-Cody et al. (2020) haben jüngst jene Zellen im Gehirn identifiziert, die das Verlangen nach Zucker steuern, wobei das Verständnis der biologischen Mechanismen, die den Zuckerkonsum und die Vorliebe für süßen Geschmack regeln, Auswirkungen auf die Bewältigung und Prävention von Adipositas und Typ-2-Diabetes haben könnten. Man fokussierte dabei auf den Fibroblasten-Wachstumsfaktor 21 (FGF21), ein Hormon, das an der Energiebilanz, der Kontrolle des Körpergewichts und der Insulinsensitivität beteiligt ist. FGF21 wird in der Leber als Reaktion auf einen erhöhten Zuckerspiegel gebildet und bewirkt im Gehirn, dass die Vorliebe für süßen Geschmack unterdrückt wird. Dabei bindet das Hormon an die glutamatergen Neuronen an, um so die Zuckeraufnahme und die Präferenz für süßen Geschmack zu senken.

    Störungen in den neuronalen Netzwerken, die Sättigung und Appetit kontrollieren, können nach einer Untersuchung von Kantonen et al. (2021) bereits beobachtet werden, noch bevor eine Person Fettleibigkeit entwickelt, und diese Gehirnveränderungen stehen mit familiären Risikofaktoren für Fettleibigkeit in Verbindung. Bei Menschen mit familiärer Vorbelastung ist der Hirnstoffwechsel dahingehend verändert, dass Sättigungsgefühl und Appetit schlechter reguliert werden.

    Adipositas und Gehirn

    Ich einem Bericht von Angelika Bischoff arbeitet bei adipösen Menschen das dopaminerge Belohnungssystem im Gehirn anders als bei normalgewichtigen Menschen, was sich auf das Verhalten nicht nur beim Essen auswirkt. Nahezu unablässig wirken Essensreize auf Menschen und deren Gehirn ein, etwa wenn sie Essen riechen oder schmecken, Nahrungsmittel oder die Werbung dafür sehen, eine Mahlzeit oder einen Snack verdauen. Stets ist dabei Dopamin involviert, das über dopaminerge Strukturen Hirnstamm, Mittelhirn und vor allem Teile der Basalganglien aktiviert. Mittelhirn und Striatum wiederum sind mit dem präfrontalen Kortex verbunden, über den die höheren kognitiven Leistungen laufen, etwa Motivation und Assoziationslernen, Kosten-Nutzen-Abwägung und Arbeitsgedächtnis. Die Antwort auf diesen Neurotransmitter entwickelt sich dynamisch, denn wer zum ersten Mal eine Erdbeere isst und den Geschmack als angenehm empfindet, schüttet daraufhin Dopamin aus, sodass beim nächsten Mal allein schon der Anblick der Frucht diese Reaktion auslöst und den Menschen dazu veranlasst, zuzugreifen und die Erdbeere zu verzehren. Bei adipösen Menschen unterscheiden sich die dopaminerg innervierten Regionen des Gehirns strukturell und funktionell von denen Normalgewichtiger, denn so weisen etwa die D2-Rezeptoren, eine Untergruppe der Dopaminrezeptoren, bei krankhaftem Übergewicht eine deutlich verminderte Bindungsfähigkeit für diesen Botenstoff auf, was natürlich nicht ohne Folgen für die Entscheidungen und das Essverhalten der stark Übergewichtigen bleibt. Auch bei einem Experiment, das die Fähigkeit zur Kosten-Nutzen-Abwägung untersuchte, zeigten sich Unterschiede zwischen diesen beiden Personengruppen, denn so entschieden sich stark Übergewichtige eher dafür, sofort eine kleine Belohnung zu bekommen, anstatt einige Wochen auf etwas Größeres oder Besseres zu warten. Offensichtlich haben Adipöse im Allgemeinen weniger Geduld und greifen lieber sofort zu.

    Man weiß, dass die Nahrungsaufnahme abhängig von der Integration komplexer metabolischer und neuronaler Signale zwischen dem Gehirn und mehreren Organen, einschließlich des Darms und der Nährstoffsignale im Blut ist. Dieses Netzwerk löst Hunger- und Sättigungsgefühle aus, reguliert die Nahrungsaufnahme und die Motivation zur Nahrungssuche. Während diese Vorgänge bei Tieren immer besser verstanden werden, auch im Zusammenhang mit Stoffwechselkrankheiten wie Fettleibigkeit, weiß man viel weniger darüber, was beim Menschen passiert. Dies liegt zum Teil daran, dass es in der Klinik schwierig ist, Versuchsanordnungen zu entwerfen, die Aufschluss über diese Mechanismen geben könnten. Bei Nagetieren etwa wird das Essverhalten durch post-intestinale Nährstoffsignale an das Gehirn reguliert, und eine gestörte Reaktion auf diese Signale wurde mit pathologischem Essverhalten und Fettleibigkeit in Verbindung gebracht. Um dies beim Menschen zu untersuchen, haben van Galen et al. (2023) eine Studie an 30 Menschen mit gesundem Körpergewicht (Frauen N = 12, Männer N = 18) und 30 Menschen mit Adipositas (Frauen N = 18, Männer N = 12) durchgeführt. Man untersuchte dabei die Wirkung von Glukose-, Lipid- und Wasserinfusionen auf die primären Endpunkte zerebrale neuronale Aktivität und striatale Dopaminfreisetzung sowie auf die sekundären Endpunkte Plasmahormone und Glukose, Hungerwerte und Kalorienaufnahme. Um zu untersuchen, ob die beeinträchtigten Reaktionen bei Teilnehmern mit Adipositas durch eine diätbedingte Gewichtsabnahme teilweise reversibel sind, wurde die Bildgebung nach einer diätbedingten Gewichtsabnahme von 10 % wiederholt. Während die Teilnehmer mit gesundem Körpergewicht nach der Nährstoffinfusion bestimmte Muster der Gehirnaktivität und der Dopaminfreisetzung zeigten, waren diese Reaktionen bei den Teilnehmern mit Fettleibigkeit stark abgeschwächt. Darüber hinaus reichte eine 10-prozentige Gewichtsabnahme im Anschluss an eine 12-wöchige Diät nicht aus, um diese Gehirnreaktionen bei fettleibigen Personen wiederherzustellen, was darauf hindeutet, dass es im Zusammenhang mit Fettleibigkeit zu lang anhaltenden Anpassungen des Gehirns kommt, die auch nach einer Gewichtsabnahme bestehen bleiben. Im Gegensatz dazu waren bei Teilnehmern mit Adipositas die Reaktionen des Gehirns auf Nährstoffe nach der Nahrungsaufnahme stark beeinträchtigt. Wichtig ist, dass die beeinträchtigten neuronalen Reaktionen nach einer diätbedingten Gewichtsabnahme nicht wiederhergestellt werden. Beeinträchtigte neuronale Reaktionen auf Nährstoffsignale könnten daher zu übermäßigem Essen und Fettleibigkeit beitragen, und eine anhaltende Resistenz gegenüber Nährstoffsignalen nach dem Verzehr nach einer deutlichen Gewichtsabnahme kann zum Teil die Ursache von Übergewicht sein. Die Reaktion des Gehirns auf bestimmte Nährstoffe ist bei fettleibigen Personen also vermindert und verbessert sich nicht nach einer Gewichtsabnahme. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass bei Menschen mit Fettleibigkeit lang anhaltende Anpassungen des Gehirns auftreten, die das Essverhalten beeinflussen könnten. Man fann heraus, dass Menschen mit Fettleibigkeit weniger Dopamin in einem Bereich des Gehirns freisetzen, der für den motivierenden Aspekt der Nahrungsaufnahme wichtig ist, als Menschen mit einem gesunden Körpergewicht. Die fettleibigen Probanden zeigten auch eine geringere Reaktionsfähigkeit der Gehirnaktivität auf die Zufuhr von Nährstoffen in den Magen. Insgesamt deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass die Wahrnehmung von Nährstoffen im Magen und im Darm und/oder von Nährstoffsignalen bei Fettleibigkeit reduziert ist, was tiefgreifende Folgen für die Nahrungsaufnahme haben könnte. Die Tatsache, dass diese Reaktionen im Gehirn nach einer Gewichtsabnahme nicht wiederhergestellt werden, könnte erklären, warum die meisten Menschen nach einer anfänglich erfolgreichen Gewichtsabnahme wieder zunehmen.

    Nach neueren Studien (Wardzinski et al., 2018) gibt es auch einen Zusammenhang zwischen steigendem Körpergewicht und reduziertem Energiegehalt im menschlichen Gehirn, da bei adipösen Menschen eine Störung der Energiegewinnung im Gehirn vorliegt. In einer Untersuchung erhielten adipöse und normalgewichtige Männer eine intravenöse Glukoseinfusion, wonach die Veränderungen des Energiestatus im Gehirn mit einer 31P-Magnetresonanz-Spektroskopie bestimmt wurden. Es zeigte sich, dass bei den Normalgewichtigen der Hirnenergiegehalt nach der Glukosegabe sofort anstieg, während sich bei den adipösen Studienteilnehmern keine Veränderung zeigte. Erst nach einer starken Anhebung des Blutzuckers war ein geringer Anstieg im Gehirn der stark übergewichtigen Probanden messbar. Das könnte eine Erklärung dafür sein, dass adipöse Menschen häufig wenig oder gar kein Sättigungsgefühl verspüren.

    Forscher haben jüngst auch gezeigt, dass sich Übergewicht speziell auf die Graue Substanz im Gehirn auswirkt, wobei diese sich vor allem aus Nervenzellen zusammensetzt und eine wesentliche Komponente des Zentralnervensystems darstellt, während die Weiße Substanz aus Nervenfasern besteht, die die verschiedenen Areale des Hirns miteinander verbinden. Diese Studien haben zwar bestätigt, dass Fettleibigkeit vor allem in der Körpermitte mit einem geringeren Volumen an grauer Substanz im Gehirn irgendwie zusammenhängt, dennoch bleibt unklar, ob diese Abweichungen in der Gehirnstruktur zu Fettleibigkeit führen oder ob Fettleibigkeit diese Veränderungen im Gehirn erst bewirkt.

    Krankhafte Fettleibigkeit entsteht vor allem im Gehirn, wobei es offenbar einen molekularen Schalter gibt, der die Funktion von Sättigungsnerven und damit das Körpergewicht steuert. Im Gehirn, speziell im Hypothalamus (ein Abschnitt des Zwischenhirns), kontrollieren zwei Gruppen von Nervenzellen über verschiedene Botenstoffe das Körpergewicht und den Energiehaushalt und sorgen für ein sensibles Gleichgewicht. Während Agrp-Neuronen die Nahrungsaufnahme stimulieren, erzeugen die Pomc-Neuronen ein Sättigungsgefühl, und gerät dieses Wechselspiel aus der Balance, kann daraus ein krankhaftes Übergewicht oder ein Typ-2-Diabetes entstehen. Bei diesem Prozess spielt der Transkriptionsfaktor Tbx3 (Transkriptionsfaktoren sind Proteine, die dafür sorgen, dass bestimmte Gene abgelesen werden, d. h., sie fördern oder behindern die Bindung der RNA-Polymerase an die DNA-Sequenz, die für das entsprechende Gen kodiert) eine Schlüsselrolle, denn ohne Tbx3 können die Nervenzellen für das Sättigungsgefühl keine Botenstoffe produzieren. Dieser bisher bei Fruchtfliegen nachgewiesene Effekt scheint auch beim Menschen zu wirken. Menschen, denen das Tbx3 Gen fehlt, leiden daher häufig an Übergewicht (Quarta et al., 2019).

    Auch ist aus Psychiatrie und Ernährungswissenschaft bekannt, dass starkes Übergewicht das Risiko für Depressionen und depressive Verstimmungen erhöht, wobei das Darmmikrobiom von gesunden und stark übergewichtigen Menschen sehr unterschiedlich ist. Bei Mäusen führte eine Hochfettdiät auch zu Verhaltensänderungen, die mit Depression in Verbindung gebracht werden, indem diese ein anhedonisches, also lustloses Verhalten zeigten. Dazu wurde Mäusen normales Wasser und alternativ Zuckerwasser angeboten, wobei gesunde Mäuse Zuckerwasser bevorzugen, die Mäuse in der Versuchsanordnung (Fettdiät) taten das aber in deutlich geringerem Maß. Dabei scheint das Hormon Leptin eine Rolle zu spielen, das von Fettzellen abgegeben wird, denn Mäuse, die dieses Hormon nicht produzieren können, nehmen zwar im selben Maß zu wie andere Mäuse, wenn sie fettreiche Nahrung bekommen, neigen aber nicht zu dem mit Depression in Verbindung gebrachten Verhaltensweisen. Man vermutet, dass die Ausschüttung von Leptin mit kurzkettigen Fettsäuren verknüpft ist, die von Mikroorganismen im Darm aus faserreicher Nahrung hergestellt werden. Auch im Zusammenhang mit Depressionen aufgrund von Übergewicht scheint also das Mikrobiom des Darms eine wichtige Rolle zu spielen (Hassan et al., 2018).

    Medikamente gegen Adipositas?

    Ketonkörper werden auf natürliche Weise im Körper gebildet, wenn ein Mensch entweder über einen längeren Zeitraum Hunger erleidet oder sich sehr kohlenhydratarm ernährt, er befindet sich dabei im Zustand der Ketose. Dabei werden in der Leber Ketone gebildet, die dem menschlichen Körper bei der Energiegewinnung helfen, wenn nicht ausreichend Kohlenhydrate vorliegen, sodass der Körper mit einem Drittel an Glukose auskommt. Gehirn und Muskeln müssen sich jedoch auf eine Ketose einstellen, indem sie bestimmte Enzyme ausbilden. Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass Ketonpräparate, die Keton-Ergänzungsmitteln vom Typ β-Hydroxybutyrat (β-OHB) enthalten, diesen ungünstigen Prozessen im Gehirn von adipösen Menschen entgegenwirken und zum Schutz der Gehirngesundheit sowie zur Prävention von kognitiven Dysfunktionen beitragen können.

    Da Ghrelin das einzige Signal ist, das im Blut zirkuliert und über Wirkung im Gehirn ein Hungergefühl induziert, und maßgeblich an der Entstehung von Adipositas beteiligt ist, hofft man mithilfe von Ghrelin ein Medikament gegen Adipositas entwickeln zu können. Dabei geht es darum, die Wirkung des körpereigenen Ghrelins zu blocken und somit den Hunger zu dämpfen, gleichzeitig aber die Verbrennung von Kalorien anzukurbeln. Allerdings weiß man inzwischen, dass die Beeinflussung eines Signalweges alleine nicht ausreicht, um Adipositas nachhaltig zu bekämpfen, sodass man sich zunehmend mit Wirkstoffkombinationen beschäftigt, die sich zum Teil schon in einem einzelnen, Hormon-ähnlichen Molekül synthetisieren lassen. Das Problem dabei ist, dass sich aktivierende und blockierende Mechanismen in demselben Wirkstoffmolekül nur bedingt kombinieren lassen, denn blockierende Ansätze erfordern immer wesentlich höhere Konzentrationen.

    Psychologische Faktoren des Abnehmens

    Hier einige Expertenkommentare von Psychologinnen und Psychologen der Universität Bamberg zum Thema Adipositas bzw. Behandlung von Übergewicht: In der Behandlung psychologischer Aspekte bei Ess- und Gewichtsstörungen haben sich insbesondere kognitiv-verhaltenstherapeutische Interventionen bewährt, wobei individuelle Faktoren berücksichtigt werden müssen, die an der Entstehung und Aufrechterhaltung problematischer Verhaltensmuster beteiligt sind. Das bedeutet nichts anderes, als dass man Adipositas immer als ein individuelles Problem betrachten muss, und für jeden Einzelnen einen Behandlungsplan entwickeln muss. Psychologische Faktoren, wie Selbstkontrolle, Motivation oder der Umgang mit emotionaler Belastung, haben Einfluss darauf, ob man zunimmt und wie gut es gelingt, wieder erfolgreich abzunehmen. Diese Faktoren können etwa beeinflussen, was und wieviel man isst und in welchem Ausmaß man sich sportlich betätigt. Dabei sollte auch das Geschlecht berücksichtigt werden, denn Männer und Frauen unterscheiden sich dabei. Frauen erreichen eine langfristig erfolgreiche Gewichtsabnahme vor allem durch strikte Kontrolle beim Essen, wobei ihnen soziale Unterstützung zusätzlich half. Männer setzen eher flexible Strategien ein, um ihr Ess- und Bewegungsverhalten zu kontrollieren und langfristig erfolgreich abzunehmen. Unterstützen kann man das Abnehmen auch mit Apps, wobei Apps den Vorteil haben, dass sie zeitlich und örtlich weitgehend unabhängig genutzt werden können, sodass eine gewisse Individualisierung möglich ist und die Nutzung auch anonym sein kann. Dabei ist die Schwelle, sich Unterstützung zu holen, niedriger, den gerade beim Thema Übergewicht befürchten viele Betroffene Vorurteile. In vielen Fällen kann daher die Nutzung einer App durchaus erfolgreich und ausreichend sein, in anderen Fällen wird sie wenigstens die Ängste reduzieren, sich weiterführende Hilfen zu suchen.

    Chirurgische Therapie: Magen-Bypass-Operation

    Die Magen-Bypass-Operation gehört zu den erfolgsreichsten Maßnahmen unter den chirurgischen Therapien gegen krankhafte Fettleibigkeit, um das Gewicht von Menschen dauerhaft zu reduzieren. Dabei wird der Magen verkleinert und der Darm chirurgisch manipuliert, um die Nahrungszufuhr zu reduzieren. Interessanterweise ist der Gewichtsverlust nach der Operation oft größer als man durch die verringerten Mahlzeiten erwarten würde. Verantwortlich dafür ist nach einer Untersuchung an adipösen Ratten (Hankir et al., 2017) Oleoylethanolamid, denn die Aktivierung dieses Moleküls im Darm erfolgt durch Fettzufuhr und sendet Sättigungssignale an das Gehirn in Abhängigkeit des zugeführten Fettgehalts. Schon nach der Operation wird dieses Molekül bereits nach geringerer Fettzufuhr in deutlich höherer Menge vom Darm produziert, wobei dieser Fettsensor im Darm dem Gehirn nicht nur Sattheit signalisiert, sondern auch zu einer gesteigerten Freisetzung von Dopamin führt, was auf das mit der Nahrungsaufnahme einhergehende Genussempfinden Einfluss hat.

    Gewicht und Beziehungsstatus

    In einer Studie (Mata et al., 2018) wurde untersucht, wie sich Veränderungen im Zusammenleben oder im Familienstand auf den Body Mass Index (BMI) im Laufe der Zeit auswirken. Über zwanzigtausend Probanden, die die deutsche Bevölkerung repräsentierten, und über achtzigtausend Beobachtungen über sechzehn Jahre hinweg lieferten dabei die Daten. In persönlichen Interviews wurden demographische Merkmale erhoben, darunter Lebens- und Familienstand, Größe, Körpergewicht und gewichtsrelevantes Verhalten (Bewegung, gesunde Ernährung und Rauchen). Zu den Kontrollvariablen gehörten das Alter, Statusänderungen, Lebensereignisse wie Kinderkriegen oder Veränderung des Erwerbsstatus, wahrgenommener Stress und subjektive Gesundheit.

    Es zeigte sich, dass das Zusammenleben zu einer signifikanten Gewichtszunahme bei Männern und Frauen führte, nach vier Jahren oder länger, etwa doppelt so viel wie in der Ehe (Kontrolle von gewichtsbezogenem Verhalten, Alter, Kindern, Beschäftigung, Stress und Gesundheit). Der Body Mass Index nach einer Trennung war weitgehend vergleichbar mit dem Body Mass Index vor Beginn des Zusammenlebens, wobei Frauen im ersten Jahr etwas Gewicht verloren (Heiratsmarkthypothese, wonach Menschen auf Partnersuche sich um ein niedrigeres Körpergewicht bemühen, da dies mit mehr Attraktivität verbunden wird), Männer hingegen nahmen nach vier oder mehr Jahren der Trennung an Gewicht zu. Eine Änderung im Beziehungsstatus hat offenbar auch eine Änderung der Essgewohnheiten zur Folge.

    Scheidung ist demnach ein guter Prädiktor für eine Gewichtszunahme, wobei Veränderungen in der Bewegung, gesunde Ernährung und Rauchen nicht die Auswirkungen von Veränderungen im Beziehungsstatus auf den Body Mass Index verminderten. Die Ergebnisse erweitern und qualifizieren frühere Untersuchungen, dass der Nutzen von Ehe oder Zusammenleben nicht unbedingt einen gesünderen Body Mass Index beinhaltet, wobei Beziehungsübergänge, insbesondere das Eingehen einer Partnerschaft oder eine Trennung wichtige Zeitfenster für die Prävention von Gewichtszunahme sein könnten.


    Definitionen

    Definition 1
    „a) Fettsucht, Fettleibigkeit (Med.); b) übermäßige Ansammling von Fettgewebe“ (Duden Band 5, 1997, S. 31).
    Definition 2
    „Definition. Die Adipositas (>>Fettleibigkeit<<, >>Fettsucht<<) stellt den Zustand eines überschießenden Fettgewebewachstums dar“ (zit. Freyberger 1979, S. 418ff).
    Definition 3
    „Adipositas die, (Fettsucht, Fettleibigkeit), starke Vermehrung des Körperfetts, entweder durch Überernährung (Masfettsucht) oder bei hormonellen Störungen“ (Goldmann Lexikon 1998, S. 93).
    Definition 4
    „Übergewicht bzw. Adipositas beschreiben eine erhöhte Ansammlung von Körperfett, entstanden druch eine für längere Zeit über dem Bedarf (Verbrauch) liegende Zufuhr an Nahurngsenergie“ (Handwörterbuch Psychologie 1992, S. 147).
    Definition 5
    „Eine über das normale Maß hinausgehende Ansammlung von Fettgewebe“ (Psychologie-Lexikon 1992, S. 5ff).


    Kurioses aus einem Frage-/Antwortportal: „Was bedeutet es, wenn ein Mann dicker geworden ist? Was kann der Grund bzw. was können die Gründe dafür sein, dass ein Mann dicker geworden ist? Hat er eine neue Frau kennengelernt?“


    Literatur

    Asanger, Roland & Wenninger, Gerd (1992). Hand Wörterbuch Psychologie (S. 147). Psychologie Verlags Union Weinheim.
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    https://idw-online.de/de/news715978 (19-05-21)
    https://www.helmholtz.de/newsroom/artikel/auf-dem-weg-zu-einem-wirkstoff-gegen-adipositas/ (22-03-30)


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    Ein Gedanke zu „Adipositas“

    1. Risikofaktoren von Adipositas

      Die ständige Verfügbarkeit von hochkalorischem Essen mit wenigen Nährstoffen wie Tiefkühlpizza, Schokoriegel und stark zuckerhaltiger Getränke führt oft zu Gewichtszunahme und Adipositas. Neben genetischen Faktoren fördert daher neben der dickmachenden Umgebung auch die geringen Anforderungen an körperliche Aktivität bei der Arbeit und in der Freizeit eine Gewichtszunahme. Die Unfähigkeit, hedonisches Essen zu kontrollieren und ungesunde Nahrungsmittel zu vermeiden, hält Menschen davon ab, ein normales Gewicht zu halten. Neuere Studien legen nahe, dass das Essen, das Menschen konsumieren, sogar nachfolgende Entscheidungen beeinflussen könntenn. Es ist daher wichtig, das komplexe Zusammenspiel zwischen Homöostase-regulierenden Hirnzentren, kognitiver Kontrolle von Impulsivität und Belohnungstendenzen sowie Nährstoff-abhängigen Signalwegen in Bezug auf das tägliche Essverhalten und der Entstehung von Adipositas zu untersuchen. Mittlerweile ist auch gut belegt, dass Adipositas verglichen mit Normalgewicht im mittleren Lebensalter mit einem höheren Risiko einhergeht, im späteren Leben einen Schlaganfall zu erleiden oder an Demenz zu erkranken. In einer Bevölkerungs-Studie mit rund 1800 zufällig ausgewählten Erwachsenen aus Leipzig konnte man beobachten, dass ein höherer Taillen-zu-Hüftumfang, also die Apfel-Körperform, im Durchschnitt mit vermehrten Auffälligkeiten in der weißen Substanz des Gehirns verbunden war, die auch im Alter vermehrt auftreten. Adipositas geht nach neuesten Forschungen auch mit einer veränderten Funktionalität von Homöostase-Netzwerken im Gehirn einher und steht mit Veränderungen in höheren kognitiven Funktionen wie Belohnungsbewertung, Exekutiv-Funktionen und Lernen und Gedächtnis in Verbindung. Es ist jedoch noch weitestgehend unklar, welche neurobehavioralen Mechanismen der Adipositas zugrundeliegen, und auch, wie das Essverhalten und andere Adipositas-bezogene Faktoren die Struktur und Funktion des Gehirns beeinflussen.
      Quelle: https://www.cbs.mpg.de/abteilungen/neurologie/altern-und-adipositas/current-projects (22-03-22)

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