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Epiphänomenalismus

    Als Epiphänomen bezeichnet man ganz allgemein etwas, das zwar kausal verursacht wurde, aber selber keine bedeutsame kausale Wirkung hat. Epiphänomenalismus betrachtet etwa die Gedanken eines Menschen als Produkte von körperlichen Vorgängen, wobei weder die Gedanken auf den Körper zurückwirken noch zwischen den Gedanken selbst ursächliche Zusammenhänge bestehen. Der Epiphänomenalismus unterscheidet demnach die Bereiche Geist und Körper aber erlaubt keine Reduktion des Einen auf das Andere, und nimmt dabei an, dass Gehirnprozesse das Eigentliche sind und die geistigen Vorgänge ein reines Epiphänomen.

    In der Psychologie spielt der Epiphänomenalismus daher insofern eine Rolle, als er als eine spezielle Form des Dualismus betrachtet werden kann, der die Probleme des interaktionistischen Dualismus (Descartes) vermeidet, der mentalen Erlebnissen kausale Wirksamkeit als Ursache für folgende Ereignisse abspricht. Der Epiphänomenalismus postuliert daher, dass die Materie kausal auf den Geist wirkt, jedoch umgekehrt der Geist auf die Materie keinerlei Einfluss hat.

    Geist haben bedeutet zu wissen,
    worin sich unterschiedliche Dinge gleichen
    und gleiche Dinge unterscheiden.
    Anne Louise Germaine de Staël

    Dass Menschen einen solchen Einfluss aber erleben, bleibt von dieser Position ungeklärt, denn woher wüsste man etwa von Geist oder Bewusstsein, wenn diese kausal wirkungslos wären? Daher ist die Behauptung, Bewusstseinsphänomene hätten keine kausale Wirkungen, kontraintuitiv, denn im Alltag gehen Menschen ganz selbstverständlich davon aus, dass etwa die subjektive Empfindung eines Schmerzes die Ursache dafür sein kann, dass jemand stöhnt. Dem Epiphänomenalismus zufolge würden wir uns darin insofern irren, als die physischen Ereignisse, die das Schmerzerlebnis verursachen, die eigentliche Ursache für das Stöhnen sind und nicht die unangenehme mentale Empfindung des Schmerzes. Allerdings folgt aus Kontraintuitivität keineswegs automatisch Falschheit, wie man etwa an Phänomenen bei optischen Täuschungen, beim blinden Fleck im Gesichtsfeld oder bei falschen Erinnerungen sieht.

    Der Epiphänomenalismus wurde übrigens durch Hubert Rohracher auch als Monismus vertreten, wonach mentale Phänomene weder Wirksamkeit noch Wirklichkeit besitzen, sondern nur eine Art Nebenprodukt der materiellen Vorgänge sind. Aus Sicht des Epiphänomenalismus wäre eine gesetzmäßige psychologische Erforschung mentaler Konstrukte letztlich ersetzbar durch die Untersuchung der zugrundeliegenden physikalischen Vorgänge. Diesen Ansatz scheint heute zumindest ein Teil der neurowissenschaftlichen Forschung zu vertreten.


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