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Apoptose

    Die Entwicklung des Gehirns geht mit einer Art Massensterben einher, denn viele der neu entstandenen Nervenzellen begehen schon bald Suizid, wobei in manchen Gehirnarealen bei der Apoptose die Hälfte Prozent der gerade erst gebildeten Neuronen verschwinden. Dieses Aussortieren überzähliger Zellen ist aber grundlegend für eine gesunde Gehirnentwicklung.

    Die Apoptose bezeichnet also jenen physiologischen Prozess der Selbstelimination von für den Körper möglicherweise gefährlichen oder unbrauchbaren Zellen, wobei diese in der Embryonalentwicklung die grundsätzlich stattfindende zahlenmäßige Überproduktion von Nervenzellen im Zentralnervensystem reguliert und somit auf die Stabilisierung tatsächlich funktionaler Strukturen hinwirkt. Eine Apoptose lässt sich mit Hilfe bildgebender Verfahren makroskopisch in vivo nachweisen

    Die Apoptose ist eine Form eines programmierten Zelltods, das von außen etwa durch Immunzellen oder aufgrund von zellinternen Prozessen ausgelöst werden kann, etwa nach einer starker Schädigung der Erbinformationen.

    Im Gegensatz zur Nekrose wird die Apoptose von der betreffenden Zelle selbst aktiv durchgeführt und ist somit ein Teil des Stoffwechsels einer Zelle, wodurch diese Form des Zelltods einer Kontrolle unterliegt und gewährleistet wird, dass die betreffende Zelle ohne Schädigung des Nachbargewebes zugrunde geht.


    Bei Neuronen wird die Apoptose gebremst

    Beim Menschen werden die meisten Neuronen während der Embryonalentwicklung produziert und müssen während der gesamten Lebensspanne eines Individuums erhalten bleiben. Daher müssen menschliche Neuronen ausgeklügelte Überlebensstrategien entwickeln, um sich vor dem zufälligen Zelltod zu schützen, der bei anderen Zellen nicht so gravierend ist, da sich fast jede Zelle im Körper eines Menschen erneuern kann. In alternden Zellen kommt es aber vor, dass sich fehlerhafte Proteine und Schäden an der DNA bilden, und nehmen diese Schäden überhand, weil zelluläre Reparaturprogramme nichts oder zu wenig ausrichten können, dann führt das zur Aktivierung eines zellulären Selbstmordprogramms (Apoptose). Dieser programmierte Zelltod wird durch mehrere molekulare Signalwege streng kontrolliert.
    Wilkens et al. (2022) haben jüngst versucht, die entwicklungsbedingten Anpassungen zu entschlüsseln, die zur Widerstandsfähigkeit der Neuronen führen, wozu sie menschliche Stammzellen nutzten und diese in menschliche Nervenzellen umwandelten. Dabei zeigte sich, dass menschliche Neuronen im Laufe der Reifung ein komplexes und komplementäres anti-apoptotisches Signalnetzwerk installieren. Es kam dabei zu einer fast vollständig heruntergeregelte Apoptose bei den reifen Hirnzellen, wobei zwar wichtige Gene für den Signalweg der Apoptose noch vorhanden sind, werden bei den reifen Nervenzellen jedoch nicht aktiviert, sodass die Proteine (Caspasen), die den zellulären Selbstmord einleiten, gar nicht mehr produziert werden bzw. in den reifen Neuronen kaum noch eine Rolle spielen. Dadurch ist die Schwelle für den Eintritt in den Zelltod bei menschlichen Nervenzellen besonders hoch bzw. wird durch diese Anpassungen den Schwellenwert für die Einleitung der Apoptose erheblich erhöht, wenn sie mit zellulären Stressfaktoren konfrontiert werden. Offenbar sind menschliche Neurone mit komplexen und redundanten präventiven Strategien zum Schutz vor Stress und Zelltod ausgestattet.
    Literatur

    Stangl, W. (2022, 27. Oktober). Wie sich Neuronen vor dem Zelltod schützen. Psychologie-News.

    Wie sich Neuronen vor dem Zelltod schützen


    Wilkens, Ruven, Hoffrichter, Anne, Kleinsimlinghaus, Karolina, Bohl, Bettina, Haag, Carolin, Lehmann, Nadja, Schmidt, Malin, Muñoz Perez-Vico, Elena, Wangemann, Julia, Rehder, Klara Franziska, Horschitz, Sandra, Köhr, Georg, Ladewig, Julia & Koch, Philipp (2022). Diverse maturity-dependent and complementary anti-apoptotic brakes safeguard human iPSC-derived neurons from cell death. Cell Death & Disease, 13, doi:10.1038/s41419-022-05340-4.


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