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paradoxe Kommunikation

    We want a few mad people now. See where the sane ones have landed us!
    George Bernard Shaw, Saint Joan

    Paradoxe Kommunikation ist durch Widersprüchlichkeiten in derselben Nachricht gekennzeichnet, wenn eine Mutter ihr Kind zu Nähe („Komm zu mir“) animiert und durch ihre Gestik und Mimik Distanz aus drückt („Bleib bloss weg von mir“). Paradoxe Handlungsaufforderungen fordern den Empfänger der Nachricht zu etwas Unmöglichem auf, nämlich zu tun und gleichzeitig nicht zu tun, was der Sender sagt. Paradoxe Handlungsaufforderungen entstehen dort, wo Menschen unter einem starken Wertedilemma stehen, etwa Karriere zu machen und sich um die Familie zu kümmern, ein cooler Jugendlicher und gleichzeitig anpassungsfähiges Kind zu sein, Selbstbehauptung zu zeigen und sich gleichzeitig anzupassen. Eine Variante ist die „Sei-Spontan-Paradoxie“, d. h., die Aufforderung spontan zu sein führt unweigerlich in eine paradoxe Situation, weil etwas Gefordertes nicht auf Anordnung und spontan gleichzeitig erfolgen kann. Menschen sind immer wieder paradoxen Kommunikationen ausgesetzt, ohne dass man die Normalität verliert oder verrückt wird, denn solche Paradoxien können sogar nützlich und konstruktiv sein, weil sie verwirren und eingefahrene Kommunikationsmuster aufbrechen. Es gibt aber eine Form der Kommunikation, die dieses Risiko in sich birgt, der double-bind: Wenn sich  Doppelbindungen als chronifizierte Beziehungsmuster entwickelt haben, besteht das Risiko, dass der schwächste Kommunikationspartner mit der Zeit als pathologisch reagierend wahrgenommen wird. Im Double-bind sind zwei oder mehrere Menschen in einer existentiellen Beziehung wie etwain einer Ehe aneinander gebunden, wobei die Beziehung durch widersprüchliche Beziehungsbotschaften geprägt wird, die einander existentiell ausschliessen. Das Fatale an solchen chronifizierten Mustern ist, dass gleichzeitig sowohl Metakommunikation  als auch Rückzug verboten sind. Daher ist der Empfänger allen Botschaften hilflos ausgesetzt, er kann nicht nicht reagieren, er darf nicht reagieren und vor allem, er kann auch nie richtig reagieren, denn alles, was er macht, ist in diesem System falsch, sodass massive Gefühle der Irritation, Hilflosigkeit und existentiellen Wut entstehen können, die sich meist gegen sich selbst richtet, aber auch gegen den Kommunikationspartner.

    Kinderärzten und Eltern ist bekannt, dass es bei einer Impfung oder anderen notwendigen Behandlung wenig Sinn macht, dem Kind zu versichern „Das tut gar nicht weh!“ oder „Du musst gar keine Angst haben.“ Denn genau durch diese Versicherung kommt es zu jener Angst, die das Schmerzempfinden noch verstärkt. Analog paradoxe Reaktionen findet man auch nach Raubüberfällen, wenn etwa Banken mehr Wachpersonal einsetzen. Macht das in der ersten Zeit für das Sicherheitsgefühl der MitarbeiterInnen noch einigermaßen Sinn, schadet es langfristig, denn die permanente Präsenz des Wachpersonals kehrt diesen Effekt unbewusst um, d. h., die Angst vor einem möglichen weiteren Überfall entsteht dann gerade wegen des Wachmanns vor der Tür, denn es muss ja einen Grund haben, dass der da immer steht.

    Literatur

    https://arbeitsblaetter-news.stangl-taller.at/konfliktloesung-in-der-familie/ (11-11-21)

     


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