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Kisspeptin

    Kisspeptin, auch Metastin genannt, wird im Hypothalamus gebildet und fördert die Produktion der Sexualhormone Testosteron und Estradiol, und kommt vorwiegend in jenen limbischen Gehirnarealen vor, die im Zusammenhang mit Fortpflanzungs- und  emotionalem Verhalten stehen. Kisspeptin ist dabei ein Peptidhormon, das eine Rolle bei der Signalübermittlung im Rahmen der Gonadoliberin-Ausschüttung spielt und damit eine essentielle Bedeutung bei der Einleitung der Pubertät besitzt. Eine Mutation des verantwortlichen Gens führt beim Menschen zu einem Ausbleiben der Pubertät, wobei es  als Folge dieses genetischen Defektes zu einer hypogonadotropen Minderfunktion sämtlicher Keimdrüsen (Hypogonadismus) kommt.

    Das Peptidhormon Kisspeptin ist das Produkt des KiSS1-Gens, wobei die Kisspeptin-KiSS1-Rezeptor-Signalübermittlung für das Einsetzen der Gonadoliberin-Ausschüttung zu Beginn der Pubertät verantwortlich ist. Mutationen des KiSS1-Gens verhindern beim Menschen ein Durchlaufen der Pubertät, indem sie Hypogonadismus bewirken und somit die Reifung der Geschlechtsorgane verhindern. Kisspeptin spielt auch im Menstruationszyklus der Frau eine wichtige Rolle. Bei weiblichen Mäusen konnte man beobachten, dass Kisspeptin sowohl die Anziehung zum anderen Geschlecht als auch das sexuelle Verlangen steuert, wobei bestimmte Duftstoffe, die von der männlichen Maus ausgesendet werden, jene Nervenzellen stimulieren, die das Kisspeptin produzieren. Dadurch wird ein Schaltkreis im Gehirn aktiviert, der ein Neurohormon freisetzt und damit die Aufmerksamkeit des Weibchens für das Männchen erhöht. Von Kisspeptin, werden vermutlich sowohl Pubertät und Fruchtbarkeit als auch Anziehung zum anderen Geschlecht und sexuelle Motivation kontrolliert.

    Nach neueren Studien besteht auch ein Zusammenhang zwischen Kisspeptin und Sexualität, denn eine Injektion des Hormons kann das Lustempfinden von Männern steigern. Nachdem man Männern eine Dosis Kisspeptin verabreicht hatte, zeigte man ihnen Bilder mit zwischenmenschlichen Motiven, und zwar vom Händchenhalten bis hin zu sexuell expliziten Darstellungen. Dabei steigerte das Hormon die Wirkung der Bilder, was sich auch an der Aktivität der Neuronen im limbischen System nachweisen ließ. Kisspeptin hebt offenbar die Stimmung sowie den inneren Antrieb. Offenbar entschlüsselt dabei das Gehirn Signale aus der Außenwelt und setzt diese Umwelteinflüsse in Verhalten um.


    Grundlagenforschung am Mausmodell zu Kisspeptin: Bakker et al. (2010) haben untersucht, ob die sexuell dimorphe Population von Kisspeptin-Neuronen im rostralen periventrikulären Bereich des dritten Ventrikels (RP3V) sexuell dimorphe Informationen aus dem olfaktorischen System an das GnRH-System weiterleiten kann. Darüber hinaus analysierten sie die Auswirkungen der Aromatasemutation (ArKO) und damit die Rolle von Estradiol auf die RP3V-Kisspeptin-Neuronenzahl und auf die Reaktion dieser Kisspeptin-Neuronen auf gleich- und verschiedengeschlechtliche Urinpheromone. Die Exposition gegenüber männlichen, aber nicht weiblichen Harngerüchen induzierte das Fos-Protein in Kisspeptin-Neuronen im RP3V von weiblichen Wildtier-Mäusen, was darauf hindeutet, dass diese Kisspeptin-Neuronen Teil der neuronalen Schaltkreise sein könnten, die Informationen vom Riechhirn auf sexuell dimorphe Weise an das GnRH-System weiterleiten. Männliche Pheromone induzierten Fos in Kisspeptin-Neuronen bei ArKO-Weibchen, wenn auch deutlich weniger im Vergleich zu WT-Weibchen. Die sexuelle Differenzierung der Kisspeptin-Neuronenzahl ging bei ArKO-Mäusen verloren, d.h., die Anzahl kisspeptin-immunreaktiver Neuronen im RP3V von ArKO-Weibchen war genauso niedrig wie bei männlichen Mäusen, während männliche ArKO-Mäuse eine etwas erhöhte Anzahl von Kisspeptin-Neuronen aufwiesen. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Geschlechtsunterschied in der Anzahl der Kisspeptin-Neuronen bei Wildtier-Mäusen eine organisatorische Aktion von Estradiol bei Frauen widerspiegelt. Im Gegensatz dazu hängt die Fähigkeit männlicher Urinpheromone, Kisspeptin-Neuronen bei WT-Weibchen zu aktivieren, möglicherweise nicht von der organisatorischen Wirkung von Estradiol ab, da ArKO-Weibchen immer noch eine gewisse Fos/Kisspeptin-Koaktivierung zeigten.


    Literatur

    Bakker, J., Pierman, S. & González-Martínez, D. (2010). Effects of aromatase mutation (ArKO) on the sexual differentiation of kisspeptin neuronal numbers and their activation by same versus opposite sex urinary pheromones- Hormones and Behavior, 57, 390-395.
    Hellier, Vincent, Brock, Olivier, Candlish, Michael, Desroziers, Elodie, Aoki, Mari, Mayer, Christian, Piet, Richard, Herbison, Allan, Colledge, William Henry, Prévot, Vincent, Boehm, Ulrich & Bakker, Julie (2018). Female sexual behavior in mice is controlled by kisspeptin neurons. Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-017-02797-2.


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