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Ghosting

    Der populärwissenschaftliche Begriff Ghosting beschreibt mit einem Bild das Phänomen, wenn von zwei Menschen, zwischen denen gerade eine Beziehung zu beginnen scheint, eine oder einer sich in Luft aufzulösen scheint, denn Anrufe oder Nachrichten bleiben unbeantwortet, d. h., dieses Nichtverhaltens wirkt so auf den Betroffenen so, als hätte sie oder er es mit einem Gespenst oder Geist zu tun gehabt.
    Ghosting ist nach Ansicht von Experten meist eine Mischung aus sozialer Inkompetenz und Überforderung, denn nur von außen wirkt dieses Verhalten häufig irrational, doch tatsächlich wiegt der Ghoster die Vor- und Nachteile seines Handelns ganz genau ab, und hat meist keine Lust, sich mit dem anderen Menschen noch auseinanderzusetzen und geht einer Aussprache einfach aus dem Weg. Ghosting ist vermutlich häufig die Folge einer zu schnellen Kontaktaufnahme, denn lernen sich etwa zwei Menschen über eine Dating-Plattform im Netz unverbindlich kennen, ist die Hürde, die Beziehung genauso schnell und unverbindlich wieder zu beenden, geringer. Aus psychologischer Sicht betrachtet fragt sich der oder die Verlassene, was er oder sie falsch gemacht hat, und weiß nicht, woran er oder sie ist.

    Eine Partnervermittlung hatte ihre Mitglieder zu erlittenem Ghosting und zu eigenem Ghosting befragt, wobei sich zeigte, dass fast jedes dritte Mitglied bereits Ghosting erlebte und jedes sechste Mitglied selbst zu Ghosting mindestens einmal in der Vergangenheit zu Ghosting gegriffen hatte. Hauptursachen für Ghosting waren Zweifel an der Passung der anderen Person, eine als unangenehm erlebte Kommunikation, belastende eigene Lebenssituationen, Krankheiten oder Depressionen, Anstrengung und Belastung durch das Schreiben von Nachrichten, Hemmungen, eine Absage zu senden, sowie einfaches Vergessen.  Ghoster schilderten sich oft als desillusioniert von der anderen Person, gaben an, die Begeisterung sei verflogen, schilderten ein fehlendes Interesse an der anderen Person, gaben an, die andere Person sei unpassend gewesen oder berichteten gar über negative Eigenschaften der anderen Person, wie Unehrlichkeit oder mangelnder Ernsthaftigkeit. Manche berichteten über eine schwierige, langweilige, anstrengende oder unangenehme Kommunikation wie vulgäre Ausdrücke, Beleidigungen oder aufdringliches Verhalten. Hinzu kamen auch Belastungen durch die Dating-Anforderungen, etwa durch das Management von Vorschlägen, Zuschriften, Prozessen des Schreibens, Kommunizierens und Verabredens. Oft sind es zu viele Anfragen und Kontakte, die einen hohen Zeitaufwand für das Schreiben von Nachrichten erforderte, aber auch die Schwierigkeit, passende Worte zu finden oder die sich aus dem Dating-Prozess resultierende Anstrengung. Insgesamt waren ältere Menschen etwas seltener von Ghosting betroffen und griffen auch seltener selbst zu Ghosting.

    Von Ghosting spricht man auch, wenn ein Bewerber oder eine Bewerberin keine Rückmeldung auf eine Bewerbung erhalten hat. Es kommt ja nicht selten vor, dass BewerberInnen große Ungewissheit plagt, wenn keine Rückmeldung auf eine Bewerbung erfolgt bzw. die angeschriebenen Unternehmen nach der automatischen Eingangsbestätigung nichts mehr von sich hören lassen. Oft steckt gar keine Absicht dahinter, wenn Arbeitgeber ihre Bewerber ghosten, denn meist mangelt es an Zeit und Organisation, wenn Bewerbungsunterlagen versickern, besonders dann, wenn das Unternehmen keine gut strukturierte Personalabteilung oder ein gutes Bewerbungsmanagement besitzt. Generell ist natürlich festzuhalten, dass ein absichtliches Ignorieren von Bewerbungsschreiben eher von geringer Wertschätzung zeugt, wobei dann schlechte Bewertungen auf Jobportalen die FFolge sein Können und somit andere BewerberInnen abgeschreckt werden. Wenn eine Antwort eines Unternehmens ausbleibt, sollte man als Bewerberin bzw. Bewerber in jedem Fall versuchen, sich beim potentiellen Arbeitgeber doch noch ins Gedächtnis zu rufen und die Chancen auf die angestrebte Stelle zu wahren. Vorausgesetzt, man hat eine vollständige und korrekte Bewerbung abgegeben, sollte man dann freundlich telefonisch oder per Email beim Ansprechpartner nach dem aktuellen Stand der Bewerbung fragen, wobei man den Firmen für die Bearbeitung von Bewerbungen mindestens zwei bis drei Wochen Zeit geben sollte. Siehe dazu Business-Ghosting im Kommentar!

    Übrigens: Als Ghosting bezeichnet man beim Fernsehen eine schwach sichtbare, meist weniger leuchtstarke Kopie eines Bildes, das gegenüber dem Hauptbild versetzt ist. Ursache des Geisterbildes ist Mehrwegempfang des gesendeten Hochfrequenzsignals auf Grund einer Reflexion an Gegenständen wie Hauswänden, sodass das Signal die Empfangsantenne auf zwei unterschiedlichen Wegen erreicht, deren Laufzeiten von der Sendeantenne sich um wenige Mikrosekunden unterscheiden. Im Regelfall wird auf dem kürzeren, direkten Weg das stärkere Signal empfangen. Dieses synchronisiert mit dem Synchronimpuls den Zeilenstart am linken Rand des Bildschirms.

    Literatur

    https://www.psychologytoday.com/blog/living-forward/201511/why-ghosting-hurts-so-much (15-11-30)
    http://www.focus.de/gesundheit/gesundleben/partnerschaft/trennungs-trend-seltsames-phaenomen-ghosting-so-geht-schlussmachen-fuer-feiglinge_id_4843203.html (15-11-30)
    https://de.wikipedia.org/wiki/Geisterbild (15-11-30)
    https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20211004_OTS0026/dating-studie-ghosting-als-spurloses-verschwinden-foto (21-10-05)


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    Ein Gedanke zu „Ghosting“

    1. Business-Ghosting

      Simone Janson beschreibt in einem Artikel ein Beispiel für Business-Ghosting im Zusammenhang mit einem Einstellungsprozess, da hier Ghosting auf beiden Seiten, von Bewerbern wie auch Arbeitgebern vorkommt. Sie schreibt: „Es ist ein psychologisches Problem, über das sich mehr Arbeitgeber informieren müssen. Es birgt Risiken für Arbeitgeber und Unternehmen, wenn sie mit Ghosting von potenziellen Mitarbeitern nicht richtig umgehen. Deshalb ist es wichtig zu verstehen, was dieses Verhalten mit sich bringt und wie man es verhindern kann. (…) Der Prozess der Einstellung eines neuen Mitarbeiters für eine Stelle umfasst ja Vorstellungsgespräche, Hintergrundprüfungen und Referenzen. Es kann daher Wochen dauern, die Bewerber zu sichten. Sobald der ausgewählte Bewerber eingestellt ist, muss der Arbeitgeber ihn in seine neue Rolle einarbeiten. Dieser ganze Prozess kann sich nachteilig auf den Gewinn des Arbeitgebers auswirken, wenn der Mitarbeiter nach nur wenigen Tagen oder Wochen fristlos kündigt. Der Arbeitgeber muss dann mehr Zeit und Geld aufwenden, um die Stelle wieder zu besetzen. (…) Unternehmen sollten daher Ghosting im Entscheidungsprozess möglichst verhindern und dafür sorgen. Kandidaten in allen Phasen des Bewerbungsprozesses transparent und respektvoll zu begegnen. Denn diese können den Spieß eben auch umdrehen und tun das immer häufiger. (…) Wenn ein Unternehmen einen Bewerber ghosted, zieht es stillschweigend und ohne Angabe von Gründen sein Interesse an dem Bewerber zurück. Dies kommt häufig vor und birgt Risiken für beide Parteien, auch wenn das Unternehmen häufig nicht klar ist. Der Arbeitgeber riskiert, dass ihm ein hervorragender Bewerber aufgrund seiner eigenen Voreingenommenheit entgeht. Denn der geghostete Kandidat ist möglicherweise weniger geneigt, es noch einmal bei dem selben Unternehmen zu versuchen, und verbringt möglicherweise mehr Zeit und Ressourcen damit, anderswo nach neuen Möglichkeiten zu suchen.“
      Literatur
      Janson, Simone (2022). Psychologie des Business Ghosting: Manipulation mit Schweigen.
      WWW: https://berufebilder.de/psychologie-ghosting-manipulation-schweigen/(23-03-28)

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