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sensorische Integrationsstörung

    Manche Kinder fallen dadurch auf, dass sie normale Sinnesreize wie Licht, Geräusche, Gerüche, die Beschaffenheit bestimmter Speisen oder Getränke oder die Oberfläche von Kleidungsstücken nicht ertragen bzw. als zu intensiv erleben. Dieses Phänomen einer sensorischen Integrationsstörung zeigen etwa auch Kinder, die es nicht ertragen, wenn man ihnen zu nah kommt, wobei diese taktile Abwehr eine zwar nur geringfügige aber ernst zu nehmende neurologische Störung sein kann. Man beobachtet dieses Phänomen häufig bei Kindern mit Lernschwierigkeiten, leichten Hirnfunktionsstörungen, aber auch bei ernsthafteren Erkrankungen. Das berührungsabweisende Kind ist gewöhnlich überaktiv und leicht ablenkbar, wobei das jener Aspekt ist, über den Eltern und LehrerInnen am meisten klagen. Oftmals ist das Kind jedoch nur in seinen Gefühlen unsicher und die Störung des Berührungssystems verursacht gleichzeitig eine höhere Reizbarkeit.

    Die Symptome einer großen Empfindlichkeit gegenüber Berührungen äußern sich in vielen Bereichen des täglichen Lebens, wenn etwa das Kind vermeidet, im Gesicht berührt zu werden. Besonders schwierig ist das Waschen des Gesichtes oder das Schneiden oder Waschen der Haare. Manche Kinder bevorzugen deshalb langärmlige Hemden oder Blusen, tragen einen Pullover oder eine Jacke, selbst wenn es ihnen warm ist.

    Manche Kinder sind überempfindlich auf bestimmte Fasernoder Stoffe, greifen nicht gern mit den Fingern in Sand, Kleister oder ähnliches Material. Oft vermeiden sie auch, barfuß zu gehen, besonders auf Sand und Gras, manche vermeiden es, Papierservietten oder Papiertaschentücher zu verwenden.

    Ein gewisses Ausmaß derartigen Verhaltens kann bei Kindern unter drei Jahren absolut normal sein. Bei älteren Kindern besteht jedoch der Verdacht, dass ihr Nervensystem im Sinne der Berührungsabwehr gestört ist. Das hat jedoch nichts damit zu tun, dass das Kind als Kleinkind zu viel oder zu wenig Hautkontakt erfahren hat, denn das berührungsabwehrende Kind benötigt einerseits mehr Berührungen als andere Kinder, andererseits kann es jedoch Tastimpulse weniger gut abstimmen und sie dazu benutzen, sein Nervensystem im Gleichgewicht zu halten. Es hilft in solchen Fällen auch nur wenig, wenn man das Kind immer wieder auffordert, sich anders zu verhalten, sondern man sollte dem Kind nur Berührungsreize zuzumuten, die es selbst als angenehm empfindet. Bei einer Therapie zur sensorischen Integration werden dann einem Kind bestimmte Hautreize wie Bürsten oder Reiben in abgestufter Form angeboten.

    Problematisch kann eine sensorische Integrationsstörung vor allem auch deshalb sein, weil soziale Beziehungen räumliche Beziehungen darstellen. Jeder Mensch braucht eine persönliche Sphäre, wobei dies bei den meisten Menschen ein Abstand von etwa 1,5 Metern ist. Sofern es möglich ist, halten die meisten diese Distanz ein, nur wenn es sich nicht vermeiden lässt wie im Aufzug, der U-Bahn oder im Fußballstadion, duldet man eine Unterschreitung dieser Distanz. Wird sie unerzwungen unterschritten, fühlen sich die Menschen belästigt und reagieren unter Umständen aggressiv. Kinder mit sensorisch-integrativen Einschränkungen laufen manchmal nicht nur gegen Türrahmen, weil ihr Körperschema unterentwickelt ist, sondern rempeln auch andere Menschen an, denn wer nur unzureichend spürt, wo er sich im Raum befindet, kann sich auch zu anderen nur schlecht in Beziehung bringen. Menschen, die Distanzen schlecht einschätzen können, kommen anderen bisweilen zu nah oder nicht nah genug und erleben deshalb Ablehnung statt Zuneigung. Manche lassen andere zu nah an sich heran und erfahren dadurch unangenehme Begegnungen.
    Siehe dazu Distanzzonen und Territorialität – Der Umgang mit Raum.


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