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divergentes Denken

    Divergentes Denken, divergent thinking, bedeutet, sich offen, unsystematisch und experimentierfreudig mit einem Thema oder Problem zu beschäftigen, wobei das divergente Denken  das Gegenstück zum konvergenten Denken darstellt. Verwandt ist das divergente Denken dem lateralen Denken, das wie divergentes Denken für ein offenes, spielerisches Denken steht. Divergentes Denken versucht Denkblockaden und kritische Einwände auszuschalten, die beim konvergenten Denken einengen. Divergentes Denken  bedeutet daher in der Praxis, auch einmal um die Ecke zu denken. Divergentes Denken ist durch folgende Grundsätze charakterisiert:

    Divergentes Denken kann als eine Technik zur Ideenfindung verstanden werden, und ist eine wirkungsvolle Denkmethode, die auf kreative Weise Probleme lösen bzw. völlig neue Problemlösungen generieren kann, indem verschiedene Denk- und Wahrnehmungsperspektiven eingenommen werden. Je nach Problemstellung führt divergentes Denken aber nicht zwangsläufig zu praktisch umsetzbaren Lösungen, doch es kann neue Sichtweisen eröffnen. Dennoch setzen viele Unternehmen Divergenz-Tests bei ihren Bewerbern ein, denn nach Untersuchungen soll das Ausmaß an divergentem Denken höher mit dem Lebenserfolg eines Menschen korreliert sein als der Intelligenzquotient.

    Im Kreativitätstest von Guilford etwa soll man sich innerhalb kurzer Zeit so viele Verwendungszwecke für einen Gegenstand ausdenken wie möglich. Die Punktzahl ergibt sich dabei aus der Anzahl und der Originalität der Ideen. Der Test hat sich zu einem häufig verwendeten Kreativitätstest entwickelt, misst aber letztlich nichts anderes als das divergente Denken, das möglichst viele Lösungen für ein Problem liefert, wobei divergentes Denken auch zu banalen Ideen führen kann, während konvergentes Denken auch manchmal zu originellen führt. Kreativität ist bekanntlich nur sehr bedingt trainierbar, wobei sich kreative Menschen durch eine erhöhte Sensitivität gegenüber Problemen auszeichnen, ihr Denken sehr flüssig ist, was bedeutet, dass sie z.B. in der Lage sind, innerhalb kürzester Zeit äußerst viele Verwendungsmöglichkeiten für einen Gegenstanf zu finden. Ein Klassiker unter den Kreativitätsaufgaben ist daher der Ziegelstein-Test, bei dem es darum geht, so viele originelle Verwendungszwecke für einen Ziegelstein zu finden wie nur irgend möglich. Menschen werden durch solche Übungen aber noch lange nicht kreativer, denn das in solchen Übungen Erlernte lässt sich nur schwer auf andere Situationen transferieren.

    Nach einer Untersuchung von Onysko (2016) in Neuseeland denken mehrsprachige Menschen kreativer und flexibler, denn sie denken weniger linear, ihre Gedanken sind breiter gestreut und kommen daher eher auf Ideen abseits des Mainstreams. Erfasst wurde dabei das divergente Denken, das bei Mehrsprachigen vermutlich durch insgesamt mehr Sprachaktivität im Gehirn gefördert wird und daher die Fähigkeit, flexibel zu assoziieren, erhöht.

    Untersuchungen (Ritter & Ferguson, 2017) haben einen inspirierenden Effekt von Musik auf divergentes Denken festgestellt, wobei fröhliche Hintergrundmusik der Kreativität auf die Sprünge hilft. In diesem Experiment teilte man die Probanden in fünf Gruppen auf, wobei vier davon einige Tests absolvierten, während der sie von unterschiedlichen Musikstücken unterhalten wurden, die fünfte Gruppe löste die Fragen ohne Musik. Dabei waren divergentes Denken, das neue Ideen hervorbringt, und konvergentes Denken, bei dem es darum geht, korrekte Lösungen für ein Problem zu finden, gefordert. Es zeigte sich, dass die Probanden wesentlich kreativer waren, wenn sie einer positiven, stimmungshebenden Musik hörten, während Stille dagegen zu signifikant weniger Ideen inspirierte. Konvergentes Denken dagegen ließ sich von keiner Musik anregen, woraus man schließen kann, dass man konkrete logische Aufgaben eher in eine stillen Atmosphäre lösen sollte.


    Übrigens: Das menschliche Gehirn ist bei leichter Müdigkeit oft besser in der Lage, Probleme, deren Lösungen nicht auf den ersten Blick ersichtlich sind, sondern denen man sich auf Umwegen nähern muss, zu lösen. Denn wenn man müde ist, ist man leichter abgelenkt, das Denken wird in gewisser Hinsicht auf Wanderschaft geschickt und kann so leichter kreative Lösungen finden, die abseits konzentrierter und fokussierter Denkwege liegen!

    Literatur

    Onysko, A. (2016). Enhanced creativity in bilinguals? Evidence from meaning interpretations of novel compounds. International Journal of Bilingualism, 20, 315 – 334.
    Ritter, S. M. & Ferguson, S. (2017). Happy creativity: Listening to happy music facilitates divergent thinking. PLOS ONE, doi:10.1371/journal.pone.0182210.


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