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egozentrische Verzerrung

    Die egozentrische Verzerrung, auch selbstbezogene Verzerrung (egocentric bias) oder egozentrische Distortion, bezeichnet die Tendenz von Menschen, sich bei sozialen Vergleichen in Bezug auf ein bestimmtes Merkmal selbst besser einzuschätzen als eine vergleichbare Person bzw. Gruppe. So schätzt man etwa in Bezug auf positiv bewertete Eigenschaften der eigenen Kultur sich selbst besser ein als andere. Die egozentrische Verzerrung beschreibt also die Tendenz, andere Menschen zu sehr in Abhängigkeit von der eigenen Anschauung und den eigenen Gefühlen zu beurteilen. Menschen neigen dazu, sich selbst und ihre Zukunft rosiger zu sehen, denn viele halten sich für überdurchschnittlich kooperativ, freundlich, zuverlässig, besonnen, verantwortungsbewusst, inteligent oder kreativ. Sogar Autolenker, die nach einem Verkehrsunfall im Krankenhaus lagen, glaubten, sie seien überdurchschnittlich geschickte Fahrer.

    Nach Studien verfällt man der egozentrischen Verzerrung umso schneller, je näher man jemandem emotional steht. So sind Eltern dafür besonders prädestiniert, auch wenn sie selbst das instinktiv anders vermuten. Nach Untersuchungen (López-Pérez & Wilson, 2015) schätzen Eltern das Glücksempfinden und die Zufriedenheit ihrer Kinder häufig falsch ein, was unter Umständen negative Folgen für die Eltern-Kind-Beziehung haben kann, denn Eltern sind so nicht in der Lage, die entsprechende emotionale Unterstützung zu geben oder sich den Bedürfnissen ihrer Kinder zu widmen.

    Auch sind egozentrische Missdeutungen der Eigenschaften in einer Partnerschaft oft damit verbunden, dass sich ein Individuum vom Partner verstanden fühlt, woraus ein größeres Beziehungsglück folgt, denn je egozentrischer die Fehlwahrnehmung des Partners ist, desto glücklicher fühlt sich das Individuum. Oft trägt dieser kognitive Vergleichsprozess mit dazu bei, dass ein Individuum seinen Partner bewusst aus einer egozentrischen Perspektive betrachtet und dadurch eine Fehldeutungen in Kauf nimmt.

    Erklären kann man das durch die Selbstwertschutztheorie, denn eine solche Art der Selbsteinschätzung ist selbstwertdienlich, bzw. liegt es auch daran, dass man Einschätzungen über andere nur aufgrund vorhandener Informationen fällen kann, wobei die naheliegenden dabei jene sind, die man von sich selbst hat.

    Literatur
    López-Pérez, B. & Wilson, E. L. (2015). Parent–child discrepancies in the assessment of children’s and adolescents’ happiness. Journal of Experimental Child Psychology, 139, 249–255.


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