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Chronobiologie

    Die Chronobiologie untersucht die zeitliche Organisation physiologischer Prozesse und wiederholter Verhaltensmuster von Organismen, wobei Rhythmen für dere Organisation eine große Rolle spielen, wobei diese Rhythmen meist endogen von einem schwingenden Teilsystem des Organismus erzeugt werden, einer sogenannten inneren Uhr, die aber durch exogene Einflüsse in ihrer Taktlänge an zeitlich schwankende Veränderungen der Umgebung wie beispielsweise den Tag-Nacht-Zyklus angepasst werden. Biologische Rhythmen treten dabei mit verschiedener Periodendauer auf und können als wiederholbare Muster der Anpassung innerer Zustände an äußere Umstände verstanden werden. Die Chronobiologie beweist etwa, dass die Gesundheit mit dem harmonischen Zusammenschwingen von Rhythmen wie von Puls, Atmung, Blutdruck, hormonellen Zyklen etc. zusammenhängt. Bei Krankheit und Stress ist die Synchronisierung gestört. Jede Zelle des menschlichen Körpers hat ihre eigene innere Uhr, wobei die Uhren im Körper einer Art Hierarchie folgen, denn nur so ist es möglich, dass sich der Mensch an einen neuen Hell-Dunkel-Rhythmus anpassen kann, eetwa nach einer Zeitumstellung oder wenn man in eine andere Zeitzone fliegt (Jetlag). Die Hauptuhr im Gehirn synchronisiert dann alle inneren Uhren des Körpers auf den neuen Hell-Dunkel-Rhythmus, was allerdings einige Tage dauert. Der 24-Stunden-Rhythmus – zirkadianer Rhythmus – ist auch der wichtigste, wenn es etwa um die zeitabhängige Wirkung von Medikamenten geht.

    Nach Erkenntnissen von Till Roenneberg, dem Leiter des Zentrums für Chronobiologie an der LMU München, ist die Ansicht, dass Menschen sieben bis acht Stunden Schlaf benötigen, nicht richtig. Es gibt große individuelle Unterschiede, und man geht von drei bis zwölf Stunden Schlaf aus. Dies kann anhand einer Datenbank über das Schlafverhalten von mehr als 280.000 Menschen weltweit belegt werden. Allgemein benötigen Kinder mehr Schlaf als Erwachsene. Im Lauf des Lebens nimmt das Schlafbedürfnis kontinuierlich ab, wobei das Schlafbedürfnis nicht nur eine Altersfrage ist, sondern auch eine Frage der Jahreszeit, der Gesundheit, der Gewohnheit und des Geschlechts, denn Frauen schlafen mehr als Männer.

    In der Chronobiologie wird im Zusammenhang mit Lichtverschmutzung auf gesundheitliche Beschwerden wie Schlafstörungen bis zu einem erhöhten Krebsrisiko vor allem bei Schichtarbeitern hingewiesen. Aus gesundheitlicher Sicht ist es etwa wichtig, tagsüber viel Licht zu bekommen und nachts, insbesondere in der zweiten Nachthälfte, wenig bis gar keinem künstlichen Licht ausgesetzt zu sein, denn Tiefenentspannung im Schlaf ist nur bei absoluter Dunkelheit möglich. Diese Lichtverschmutzung lässt Mensch und Tier leiden, denn wenn es keine echte Nacht mehr gibt, ist der Tag-Nacht-Rhythmus gestört und die Freisetzung von Melatonin erfolgt nicht mehr im vorgesehenen Rhythmus. Neuere Studien zeigen, dass Menschen in wirtschaftlich hoch entwickelten Ländern etwa 95 Prozent der Lebenszeit im Inneren von Gebäuden verbringen, wobei es in den Räumen tagsüber, selbst wenn es dort relativ helle Arbeitsbeleuchtung gibt, wesentlich dunkler als unter freiem Himmel ist, doch während der Abend- und frühen Nachtstunden ist es umgekehrt, denn sowohl beim Aufenthalt in beleuchteten Innenräumen als auch beim Aufenthalt auf beleuchteten Straßen und großen Plätzen bekommt der Mensch viel mehr Licht, als er es von der Evolutionsgeschichte her kennt.

    Im Zuge der Alzheimer-Forschung hatte man auch vergleichbare gesunde Menschen untersucht und festgestellt, dass sich im Verlauf eines Jahres die Denkleistungen bei beiden Gruppen verändert. Sowohl gesunde als auch Menschen mit einer Alzheimer-Erkrankung wiesen im Herbst eine deutlich bessere Denkleistung auf als im Frühjahr, wobei die Unterschiede vom Höhepunkt im Herbst bis zum Tiefpunkt im Frühjahr einer Gehirnalterung von fünf Jahren glichen. Man vermutet dabei einen chronobiologischen Zusammenhang, wobei das Tageslicht einen Einfluss auf die geistige Leistung des Menschen haben könnte.

    Allgemeiner Hinweis zu Rhythmen: Zahlreiche Rhythmen bestimmen entscheidend das Leben des Menschen, etwa in Form der Jahreszeiten, dem Tagesverlauf, in den Frequenzen des Gehens oder Laufens, aber auch beim Herzschlag und bei der Atmung. Einige Rhythmen werden von außen gesteuert, andere intern von Neuronensystemen erzeugt und organisiert, ein Neuronencluster im Zwischenhirn etwa schwingt im Tag-Nacht-Rhythmus, spezialisierte neuronale Netzwerke im Hirnstamm und Rückenmark sind weitere zentrale Rhythmuserzeuger und lassen die Arme und Beine im Wechsel vor und zurück schwingen, und bringen so das Grundmuster des Gehens hervor, und zwar weitgehend unabhängig von der Steuerung durch die Großhirnrinde. Ein wichtiges Netzwerk im hinteren Hirnstamm erzeugt den Rhythmus von Einatmen und Ausatmen, wobei einige Neuronen das Einatmen steuern, andere die Pause nach dem Einatmen, in der man etwa zu sprechen beginnt, und eine weitere Gruppe organisiert schließlich das Ausatmen. Dabei steuert das Gehirn nicht nur die Atmung, sondern die Atmung beeinflusst auch Funktionen des Gehirns. Bewusst langsam und tief zu atmen, beruhigt und hebt die Stimmung, etwa bei einer Form der Achtsamkeitsmeditation, bei welcher man die Aufmerksamkeit auf den Atem richtet, um negative Emotionen zu dämpfen. Übrigens: Menschen holen ganz intuitiv Luft, um sich auf eine anstehende Aufgabe vorzubereiten, was sich auch empirisch zeigen lässt, denn Probanden und Probandinnen, die vor Aufgaben Luft geholt haben, wählen signifikant häufiger die richtige Lösung. Auch unterscheiden sich die Gehirnaktivitäten beim Ein- und Ausatmen, denn wenn Probanden und Probandinnen Luft geholt haben, zeigt ihr Gehirn Anzeichen von erhöhter Aufmerksamkeit.

    Literatur

    https://www.br.de/nachrichten/wissen/so-tickt-die-innere-uhr-zeitumstellung-sommerzeit-chronobiologie,R6p0pqn (24-04-02)


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