Zum Inhalt springen

Intersexualität

    Intersexualität bedeutet, dass bei Menschen angeborene biologische und körperliche Anomalien bestehen, d. h., dass geschlechtsspezifische Merkmale wie etwa äussere und innere Geschlechtsmerkmale nicht dem gleichen Geschlecht entsprechen müssen. Intersexuell sind demnach Menschen, die aufgrund ihrer körperlichen Eigenschaften nicht eindeutig dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zugeordnet werden können, was sich sowohl auf die Geschlechtschromosomen, die primären oder sekundären Geschlechtsorgane oder die Geschlechtshormone beziehen kann. Als androgyn werden hingegen Menschen bezeichnet, die weibliche wie männliche Geschlechtsmerkmale in sich vereinigen.

    Intersexualität wird manchmal mit Transsexualität verwechselt, doch intersexuell sind Menschen, die mit einem biologisch uneindeutigen Geschlecht geboren sind, wobei sich aus genetischen oder anderen Gründen nicht eindeutig feststellen lässt, ob sie männlich oder weiblich sind. Meist ist ihr körperliches Erscheinungsbild nicht klar ausgebildet, es ist also etwa keine Vagina oder kein Penis vorhanden oder diese sind nur schwach entwickelt. Etwa einer von zweitausend Neugeborenen ist von Intersexualität betroffen. Transsexuell hingegen sind Menschen, die ihr biologisch eindeutiges Geschlecht als für sie unangemessen empfinden und es daher wechseln möchten.

    Früher verwendete man für Menschen, die mit sowohl männlichen als auch weiblichen Geschlechtsmerkmalen zur Welt gekommen waren, Begriffe wie Zwitter, Intersexuelle, Zwischen­geschlechtliche oder Hermaphrodit.

    Betroffene Kinder werden heute meist operiert und mit Hormonen behandelt, damit sie entweder Mädchen oder Buben werden. Da es einfacher ist, die männlichen Geschlechtsorgane operativ zu entfernen, werden die meisten dem weiblichen Geschlecht zugeteilt, doch wenn sich  die Betroffenen später nicht als Mädchen fühlen, wird es für sie schwierig, ihre Geschlechtsidentität zu finden. In vielen Fällen kommt es bei den Betroffenen auch zu körperlichen Komplikationen, zu chronischen Schmerzen, zum Verlust der Fortpflanzungsfähigkeit und zu einer Beeinträchtigung des Sexuallebens und psychischen Folgeerkrankungen.

    Nach einer Studie mit Betroffenen aus der Schweiz, Deutschland und Österreich wurden neunzig Prozent aller intersexuellen Erwachsenen mindestens einmal operiert, die Mehrheit im Alter zwischen null und drei Jahren. Hinter dem Wunsch, intersexuelle Kinder operativ zu richtigen Mädchen oder Buben zu machen, steckt die Scham von Eltern vor intersexueller Kindern, oder die Furcht, dass es ihr Kind künftig im Leben schwer haben wird. Diese Erwartungen sind nicht unberechtigt, denn spätestens in der Schule wird ein Kind merken, dass es anders ist: In welche Garderobe soll es im Sportunterricht gehen, welche Toilette soll es benutzen? Besonders schwierig ist die Zeit der Pubertät, die für intersexuelle Menschen in erhöhtem Maße herausfordernd ist. Die Aufteilung in Frau und Mann ist gesellschaftlich, kulturell und rechtlich so tief verankert, sodass manche Eltern ihre Kinder allein deshalb operieren lassen, weil sie es ihnen einfacher machen wollen.

    Heute empfiehlt man, die Entscheidung für oder gegen eine Operation nicht sofort zu fällen, da diese Operationen nur in seltenen Fällen so früh medizinisch indiziert sind. Zumindest kann man zu­warten, bis die Kinder selbst darüber entscheiden können, wobei man die Kinder möglichst früh in die Behandlung einbinden sollte. Ärzte und Psychologen müssen die Eltern darin bestärken, ihre Kinder so anzunehmen, wie sie sind, denn nur dann können sie zu selbstbewussten Menschen heranwachsen.

    Übrigens waren in früheren Zeiten feminine Männer, männliche Frauen und Zwitter deutlich stärker akzeptiert, so galten im Frühmittelalter Hermaphroditen als wundersames und exotisches Volk und als übernatürliche Schöpfung Gottes.

    Anmerkung: In Deutschland hat 2017 das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass ab nun im Geburtenregister ein drittes Geschlecht eingetragen werden darf, d. h., Menschen müssen künftig nicht mehr nur in weiblich und männlich eingeteilt werden, sondern können auch inter oder divers sein. Damit wird der bisherigen Praxis entgegengewirkt, dass intersexuelle Menschen häufig diskriminiert und angegriffen werden, ihnen im Babyalter durch Operation und Hormongabe ein Geschlecht zugewiesen wird, unter dem sie ein Leben lang leiden müssen. Die betroffenen Menschen können sich nun später im Leben bewusst entscheiden, welches Geschlecht ihnen entspricht.

    Quellen

    Interview mit Otfried Höffe, Präsident der Schweizer Nationalen Ethikkommission im Bereich Humanmedizin.
    WWW: http://www.derbund.ch/wissen/medizin-und-psychologie/Viele-Eltern-schaemen-sich/story/27316581 (15-10-09)


    Impressum ::: Datenschutzerklärung ::: Nachricht ::: © Werner Stangl :::

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert