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Parentifizierung

    Parentifizierung beschreibt eine Art Rollenumkehr zwischen Eltern und Kind, wobei die Eltern dem Kind eine nicht kindgerechte und vor allem überfordernde „Eltern-Rolle“ zuweisen. Kinder verlieren durch Überforderung mit den von den Eltern bewussten oder unbewussten unangemessenen Erwartungen ihre Spontanität, Lebhaftigkeit und Sorglosigkeit und entwickeln möglicherweise massive, nicht realitätsangepasste Anforderungen an sich selbst, Perfektionismus, Isolation, Einsamkeit, emotionale Belastung aufgrund von Spannung zwischen dem Gefühl der Macht und der Angst vor dem Versagen, vermindertes Selbstwertgefühl, Verhaltensauffälligkeiten, intellektuelle Beeinträchtigungen, Depressionen, somatische Beschwerden, Suizidgedanken, Essstörungen, Substanzmissbrauch und andere.

    Die klassische Variante der Parentifizierung kann als eine Bindungsstörung desjenigen Elternteils betrachtet werden, das an das Kind unbewusst seine eigene Rolle delegiert. Dabei erwartet die elterliche Bezugsperson gewissermaßen, dass das Kind als verlässliches Bindungsobjekt zur Verfügung steht, wenn etwa jener Elternteil selbst unter Parentifizierung leidet, oder dessen Lebenssituation durch problematische Partnerschaften, Trennung und Scheidung, Selbstunsicherheit, Substanzmissbrauch, psychische Störungen oder Krankheiten erschwert ist.

    Solche Entwicklungsstörungen in der Kindheit haben Auswirkungen bis ins Erwachsenenalter und häufig geschieht die Weitergabe über nachfolgende Generationen. Besonders gut beobachtet hat man dies bei der Kriegs- und Nachkriegsgeneration bzw. deren Kindern und Enkelkindern, die die Traumata ihrer Eltern in ihre Persönlichkeit integrierten.

    Siehe auch Imago Therapie

    Literatur

    Graf, F. (2001). Parentifizierung. Die Last, als Kind die eigenen Eltern zu bemuttern. In Sabine Walper, Reinhard Pekrun (Hrsg.), Familie und Entwicklung. Aktuelle Perspektiven der Familienpsychologie. Hogrefe.


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    2 Gedanken zu „Parentifizierung“

    1. Das parentifizierte Kind

      Eltern dürfen von ihren Kindern keine Dankbarkeit erwarten, denn Kinder spüren diese narzisstischen Seiten ihrer Eltern, und bekommen rasch Schuldgefühle oder das Gefühl, in der Bringschuld ihrer Eltern zu stehen. Manche Frauen brauchen ihre Kinder mehr, um ihre eigenen biographischen Wunden und ungestillten Bedürfnisse zu befriedigen, als dass sie für ihre Kinder nur da sein können oder ihnen etwas geben. Sie suchen dann in ihren Kindern selbst das Mütterliche oder Väterliche. Kinder sind hochsensible Wesen, die rasch merken, was ihre Eltern von ihnen brauchen und möchten. Blicke, Gesten, kleinste Veränderungen in der Mimik, der Körperhaltung oder im Tonfall reichen aus, damit ein parentifiziertes Kind diese Bedürfnisse seiner Eltern spürt. Dabei vergisst das Kind sich selbst und lernt, dass es seine eigenen Bedürfnisse zurückstellen sollte, sodass manche Kinder ihre eigenen Gefühle, Nöte, Sehnsüchte und Bedürfnisse im Laufe der Zeit gar nicht mehr wahrnehmen. Das liegt auch daran dass sie diese Gefühle auch nicht spüren dürfen, weil die Eltern bei diesen dann Schuldgefühle auslösen könnten und sie vielleicht mit Liebesentzug strafen.

    2. Vorteile von Parentifizierung können sein:
      Kindern wird eine Verantwortung übertragen, die ihnen ein Gefühl von Kompetenz und Bedeutung vermitteln kann.
      Kinder, die in familiären Situationen parentifiziert werden, können lernen, für sich selbst und andere zu sorgen, was ihnen später im Leben helfen kann.
      Nachteile von Parentifizierung sind jedoch viel schwerwiegender:
      Kinder verlieren ihre Kindheit und ihre Möglichkeit, sich auf natürliche Weise zu entwickeln und kindliche Bedürfnisse auszuleben.
      Parentifizierte Kinder können emotionale und psychische Probleme entwickeln, wie z. B. Depressionen, Angstzustände und Selbstwertprobleme.
      Parentifizierung kann auch zu Beziehungsproblemen führen, da Kinder oft ihre Bedürfnisse und Wünsche unterdrücken, um den Erwartungen ihrer Familie gerecht zu werden.
      Parentifizierung kann also kurzfristig Vorteile haben, aber langfristig negative Auswirkungen auf die Entwicklung und das Wohl von Kindern haben. Daher ist es wichtig, Kinder in ihrer kindlichen Entwicklung zu unterstützen und ihnen eine kindgerechte Umgebung zu bieten.

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