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Kindheit

    Als Kindheit bezeichnet man in der Entwicklungspsychologie den Zeitraum von der Geburt bis zur geschlechtlichen Entwicklung (Pubertät), wobei Kindheit mehr ein kultureller, sozialer Begriff als ein biologischer ist. Im engeren Sinne folgt die Kindheit auf das Kleinkindalter (2. und 3. Lebensjahr) und gliedert sich in

    • frühe Kindheit, die Altersspanne vom beginnenden 4. bis zum vollendeten 6. Lebensjahr,
    • mittlere Kindheit, die Altersspanne vom beginnenden 7. bis zum vollendeten 10. Lebensjahr,
    • späte Kindheit, die Altersspanne vom beginnenden 11. bis zum vollendeten 14. Lebensjahr.

    Nach der Kindheit folgt die Phase des Jugendalters bzw. der Adoleszenz.

    Nach allgemeiner Ansicht ist die Kindheit besonders wichtig für das kommende Leben als Jugendlicher und Erwachsener, und viele Menschen stellen sich die Frage, wie stark die Jahre der Kindheit das weitere Leben wirklich beeinflussen. Vor allem für Eltern ist es beinahe ein Glaubenssatz: Die ersten Jahre eines Menschen sind so prägend, dass sich in ihnen die wichtigsten Weichen für das weitere Leben stellen, worin für Eltern implizit die Aufforderung – und manchmal auch die Überforderung – steckt, das Beste zu geben und für optimale Startbedingungen zu sorgen, schließlich bestimmt man damit das weitere Schicksal ihrer Kinder. Zwar macht es einen großen Unterschied, ob Kinder geborgen aufwachsen oder nicht, doch determininiert vor allem in der Gegenwart die Kindheit das spätere Leben nicht so sehr wie man früher annahm, denn zwar sind Eltern nach wie vor wichtig, doch andere Einflüsse wie Freundschaften, die Medien, individuelle Ereignisse und nicht zuletzt auch die Werte der Zeit, in der Kinder aufwachsen, sind ebenfalls prägend.

    Siehe dazu im Detail Kinderpsychologie – Psychologie der Kindheit und Geschichte der Kindererziehung.


    Historisches: Die von manchen postulierte Entdeckung der Kindheit und der Jugend lässt sich auch aus der Perspektive einer Erfindung betrachten, denn Kinder wurden bis zum Ausgang des 17. Jahrhunderts wie kleine Erwachsene behandelt. Auch wenn es schon besondere Räume oder Medien für Kinder gab, sind diese aber nur einem kleinen Kreis von sozialen Schichten vorbehalten. Die Dauer der Kindheit war auf das Kindesalter beschränkt bzw. das Kind wurde irgendwann ziemlich übergangslos zu den Erwachsenen gezählt, d. h., es teilte dann ihre Arbeit und ihre Regeln. Dafür sind zwei Entwicklungen verantwortlich: die Schule und die Familie. Die Schule wird in dieser Zeit zum entscheidenden Mittel der Erziehung, sodass sich das Kind nicht länger einfach nur unter die Erwachsenen mischt und das Leben direkt durch den Kontakt mit ihnen kennenlernt. Mancherlei Verzögerungen und Verspätungen zum Trotz ist das Kind nun von den Erwachsenen getrennt und wird in einer Art schulischen Quarantäne gehalten, ehe es in die Welt entlassen wird. Damit beginnt ein Prozess der Einsperrung der Kinder durch die Verschulung. In der Familie kommt es durch die affektiven Beziehungen der Eltern untereinander und zu ihren Kindern zu einer Erotisierung der Ehe, und der gefühlsmäßige Wert, der Kindern von Erwachsenen beigemessen wird, bringt zunächst im Bürgertum veränderte Erziehungspraktiken hervor. Der Erziehung wird nun ein zentraler Rang eingeräumt, d. h., die Eltern interessieren sich für das Lernen ihrer Kinder und verfolgen es mit einer Aufmerksamkeit, die davor unbekannt war. Dieses Kind, das zu dieser Zeit vor allem die Reformpädagogik entdeckt und gegen die gesellschaftlichen Verhältnisse zu bewahren versucht, wurde aus dieser Perspektive betrachtet von den gesellschaftlichen Verhältnissen erst hervorgebracht. Die Schule als Speerspitze der Modernisierung verändert sich, da die industrialisierte Gesellschaft andere Formen der Vermittlung von Wissen erfordert. Die Pädagogik versucht nun mit einem antiinstitutionellen, reformerischen Ansatz auf diese Veränderungen zu reagieren. Es sind demnach gesellschaftliche und kulturelle Strukturen entstanden, die eine Entdeckung der Kindheit nicht nur möglich sondern sogar notwendig gemacht haben, d. h., es handelt sich um ein gesellschaftliches Phänomen, das eine Geschichte hat.

    Literatur

    Ariès, Philippe (1981). Geschichte der Kindheit. München: DTV.


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