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Körperkompetenz

    Körperkompetenz bedeutet einen bewussten Umgang mit Körpersprache, die die Interaktion zwischen Lehrenden und Schülern verbessern und bereichern kann. Körperkompetenz ist in allen Berufen, in denen die eigene Person das wichtigste Werkzeug ist, eine wesentliches Elemente, wobei dazu das Nachdenken und der reflektierte Umgang mit dem eigenen  Körper sowie auch die sensible Wahrnehmung von Körperlichkeit der  jeweiligen InteraktionspartnerInnen zu den Grundvoraussetzungen professionellen Verhaltens gehören. In pädagogischen Berufe ist vor allem ein authentisches Körperverhalten, das Missverständnisse und Widersprüchlichkeiten vermeidet oder zumindest verringert. Grundlegend ist nach Julia Košinár dafür ein gutes individuelles Körperbewusstsein, eine realistische Selbstwahrnehmung und ein hohes Selbstwertgefühl. Diese Fähigkeiten sind erlern- und auch lehrbar, wobei es nicht darum geht, stereotype Verhaltensweisen einzustudieren, sondern Körperkompetenz ist ein höchst individueller Prozess, der in sich stimmig sein und zur jeweiligen Person und Situation passen muss. Grundsatz ist dabei, dass eine Auseinandersetzung mit der Innenwirkung von Körpersprache vorrangig vor der Außenwirkung ist.

    Bei manchen Menschen besteht übrigens ein chronische Missverhältnis von Fremd- und Eigenwahrnehmung, was besonders Merkmale betrifft, die weniger ambivalent sind als etwa die Frage nach der eigenen Intelligenz. Manche Menschen haben ein verzerrtes Bild ihrer eigenen Körperproportionen und manche Körperteile werden entweder als zu groß, zu klein, zu lang, zu kurz, zu dick oder zu dünn empfunden. Das betrifft offenbar besonders die Wahrnehmung des eigenen Gesichts, wie Longo & Holmes (2020) gezeigt haben, denn viele halten ihr Gesicht für breiter, als dieses tatsächlich ist, und auch die Position ihrer Augen nahmen die Menschen in der Regel verzerrt wahr, indem sie diese zu hoch in ihrem Gesicht verorten.

    Dieses Phänomen ist allerdings jedem Zeichenlehrer gut bekannt, denn Menschen ordnen beim Zeichnen eines Gesichts die Augen generell zu hoch an, was der gute Zeichner dadurch korrigiert, indem er durch eine Halbierung des Gesichts sich an der Mittellinie orientiert.

    Auch die Wahrnehmung der eigenen Hände ist Verzerrungen unterworfen wobei vor allem die Breite übertrieben wahrgenommen wird, während die Länge der Finger hingegen meist unterschätzt wird. Lyons et al. (2019) fanden Korrelationen zwischen narzisstischen Persönlichkeitsmerkmalen und einer verzerrten Wahrnehmung der eigenen Körperproportionen, darunter auch des Gesichtes, sodass man vermuten könnte, dass mehr das Selbstbild bestimmt, wie man seinen Körper wahrnimmt, und weniger das, was einem aus dem Spiegel entgegenblickt.

    Eine ausführliche Rezension des Buches findet sich unter Körperkompetenzen und Interaktion.


    In Bezug auf den menschlichen Körper als Medium ist aus psychologischer Sicht auf jenen unaufhebbaren Doppelaspekt hinzuweisen, dass der Mensch sowohl einen Körper hat als auch ein Körper ist, und daher jede Distanzierung zu einem der beiden Aspekte eine zumindest gleich weite Distanzierung zum zweiten erfordert bzw. mit sich bringt.


    Literatur

    Longo, Matthew R. & Holmes, Marie (2020). Distorted perceptual face maps. Acta Psychologica, 208, doi:10.1016/j.actpsy.2020.103128.
    Lyons, Minna, Blinkhorn, Victoria & Collier, Elizabeth S. & Bertamin, Marco (2019). Mine is Bigger than Yours! Narcissism Predicts Biases in Perceived Head Size. Studia Psychologica, 61, 245-257.


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