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Schilddrüse

    Die Schilddrüse und deren hormonelle Funktion steht im Zusammenhang mit zahlreichen psychischen Erkrankungen bzw. Phänomenen. Die Schilddrüse produziert die Schilddrüsenhormone, die eine essentielle Rolle bei der Entwicklung des menschlichen Gehirns, beim Wachstum und in vielen metabolischen Prozessen spielen. Sie regulieren das Wachstum des Neugeborenen und die Entwicklung von Zellen, insbesondere des Zentralen Nervensystems, also des Gehirns und des Rückenmarks. Besteht in den ersten Lebensmonaten ein Mangel an Schilddrüsenhormonen, lassen sich Veränderungen im Aufbau und in der Funktion der Gliazellen des Nervensystems nachweisen. Weiterhin beeinflussen sie die Entwicklung bzw. Differenzierung von Nervenzellen und vielen anderen Zellen des Organismus, indem sie auf molekularer Ebene die Expression von Genen steuern. Wird ein Schilddrüsenhormonmangel des Neugeborenen nicht erkannt und behandelt, entwickeln sich schwere neurologische Störungen, wie Bewegungsstörungen und Störungen in der kognitiven Entwicklung.

    Weit verbreitete nervliche und psychische Auswirkungen einer Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion) sind Zittern, Nervosität, körperliche und psychische Unruhe, Konzentrationsstörungen, Reizbarkeit und Schlafstörung. Eine Überfunktion der Schilddrüse ist durch erhöhte Blutkonzentrationen der freien Schilddrüsenhormone Thyroxin und/oder Trijodthyronin gekennzeichnet. Bei stark erhöhten Hormonwerten können auch schwerwiegende Symptome auftreten, wie Bewusstseinsstörungen bis hin zur Bewusstlosigkeit (Koma), Epilepsie oder manisch-depressive bzw. schizophrene Störungen. Im Alter können die Auswirkungen überhöhter Schilddrüsenhormonwerte unter Umständen eine Demenz vortäuschen. Es ist dabei immer zu beachten, dass sich psychische oder nervliche Erkrankungen ihrerseits auch auf das Beschwerdebild bei einer Schilddrüsenüberfunktion auswirken können, weshalb eindeutige und klare Diagnose oft problematisch sind.

    Bei einer Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion) sind Antriebslosigkeit, Verlangsamung, Depressionen und Einschränkungen der geistigen Leistungsfähigkeit bis hin zum scheinbaren Vorliegen einer Demenz häufige Folgen. Bei der Schilddrüsenunterfunktion sind die Blutwerte der freien Schilddrüsenhormone Thyroxin und Trijodthyronin erniedrigt, wodurch dem Körper deshalb aktivierende Impulse fehlen. Wie bei der Überfunktion besteht deshalb auch bei einer Unterfunktion der Schilddrüse häufig eine Leistungsminderung. Hinzu kommen oft körperliche und geistige Antriebslosigkeit, Kältegefühl, Gewichtszunahme und psychische Verstimmungen bis zur Depression. Ausgangspunkt dieser Störungen scheint unter anderem eine verminderte Durchblutung von Gehirnbereichen zu sein, die für die Aufmerksamkeit, die Geschwindigkeit von Bewegungen und die räumliche Bildverarbeitung verantwortlich sind.

    Mayerl et al. (2020) haben jüngst gezeigt, dass Schilddrüsenhormone unmittelbar die Bildung von Nervenzellen im Lern- und Gedächtniszentrum des Gehirns fördern. Bekanntlich klagen Menschen mit einer Über- oder Unterfunktion der Schilddrüse neben einem Gefühl von Müdigkeit und Abgeschlagenheit oder depressiven Verstimmungen auch über eine verringerte kognitive Leistung. Die kognitive Leistung hängt stark davon ab, ob im Hippocampus, dem Lern- und Gedächtniszentrum, neue Nervenzellen gebildet werden, wobei diese neuen Neuronen bzw. deren Vorläuferzellen (progenitor cells) verstärkt jenen Transporter bilden, der die Aufnahme von Schilddrüsenhormonen vorantreibt, wodurch Reifungsprozesse bis hin zu neuen funktionsfähigen Nervenzellen in Gang gebracht werden. Daher will man in zukünftiger Forschung herausfinden, wie Schilddrüsenhormone die Neuronenbildung zusätzlich beeinflussen.

    Literatur

    Mayerl, S., Heuer, H. & ffrench-Constant, C. (2020). Hippocampal Neurogenesis Requires Cell-Autonomous Thyroid Hormone Signaling. Stem Cell Reports, doi:10.1016/j.stemcr.2020.03.014.
    http://www.forum-schilddruese.de/ (11-07-21)
    http://www.idw-online.de/de/news580738  (14-04-04)


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