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Allergie

    Eine Allergie ist eine unerwünscht heftige Abwehrreaktion des Immunsystems gegenüber bestimmten und normalerweise nicht schädlichen Umweltstoffen (Allergene), die der Körper fälschlicherweise als schädlich identifiziert. Das Immunsystem verteidigt den Organismus heftiger als notwendig, obwohl die Substanz keine tatsächliche Bedrohung darstellt. Infolgedessen treten Entzündungszeichen auf und es kommt zur Bildung von Antikörpern (Antigen/Allergen-Antikörper-Reaktion). Hieraus resultiert eine spezifische Änderung der Immunität im Sinne einer krankmachenden Überempfindlichkeit. Allergien können vielfältige Symptome wie Atemwegserkrankungen, Hautirritationen, Augenprobleme, Schlaflosigkeit, Fieber und andere mehr auslösen. Allergien haben oft massive Auswirkungen auf die psychische Befindlichkeit der Betroffenen und können neben den physischen Auswirkungen auch psychische Symptombilder zeigen.

    Studien haben gezeigt, dass Menschen mit Heuschnupfen ängstlicher sind als andere, und dass die Stärke der Symptome häufig mehr auf die Fokussierung auf körperliche Vorgänge zurückzuführen ist als auf konkrete Abwehrreaktion des Immunsystems. Zahlreiche Allergien gehören wie Neurodermitis oder Migräne zu jenen Erkrankungen, bei denen also der Psyche ein Ursachen- bzw. Auslöseranteil zugeschrieben wird, wobei Untersuchungen vor allem eines zeigen, dass psychische Prozesse auf den Krankheitsverlauf Einfluss haben und Menschen mit Heuschnupfen dann verstärkt unter Beschwerden leiden, wenn sie zusätzlich unter Stress stehen. Man vermutet außerdem, dass emotionale Labilität dazu führt, schneller und stärker in Stress zu geraten, wobei ein Persönlichkeitsmerkmal wie Gewissenhaftigkeit das Risiko für das Auftreten von Heuschnupfen zusätzlich erhöht.

    Allergische Reaktionen können aufgrund der Konditionierung auf einen bestimmten Hinweisreiz auch in Abwesenheit von Allergenen ausgelöst werden. Besedovsky et al. (2020) haben an Menschen, die an allergischer Rhinitis leiden, gezeigt, dass eine allergische Reaktion auch bei Abwesenheit von Allergenen ausgelöst werden kann, indem man einfach den Umgebungskontext, in dem ein Allergen zuvor verabreicht wurde, erneut durchlebt. Im einem Experiment wurden Probanden mit allergischem Schnupfen in einem neutralen Versuchsraum durch Verabreichung eines Nasensprays mit ihrem jeweiligen Allergen wie Gräser- oder Birkenpollen konfrontiert. Die Hälfte der Probanden ging nach diesem Experiment für acht Stunden schlafen, die zweite Hälfte musste bis zum kommenden Abend wach bleiben. Eine Woche darauf wurde das Experiment im selben Versuchsraum wiederholt, nur dass dieses Mal keine Allergene verabreicht wurden. Die Probanden reagierten schon kurz nach Betreten des Versuchsraums mit allergischem Schnupfen, allerdings nur die aus der Gruppe, die vor einer Woche im Anschluss an die Konfrontation mit dem Allergen geschlafen hatten. Weder hätten die Versuchsteilnehmer der Wachgruppe allergisch auf die Rückkehr in den Versuchsraum reagiert noch hätte ein anderer Ort, an den die Probanden der Schlafgruppe in der zweiten Woche geführt wurden, eine solche Wirkung gehabt. Offenbar ist Schlaf notwendig, um den Zusammenhang zwischen Umweltkontext und Allergen zu festigen, was bestätigt, dass an der Konditionierung durch die Umwelt, wie bei vielen Gedächtnisprozessen, der Hippocampus beteiligt ist, denn dieser arbeitet schlafabhängig. Die Ergebnisse liefern Hinweise darauf, dass allergische Reaktionen auch schon nach nur einem einzigen Konditionierungsversuch allein auf Kontextinformationen konditioniert werden können, dass aber Schlaf notwendig ist, um diese rasch erworbene maladaptive Reaktion zu konsolidieren. Diese Befunde haben Implikationen für das Verständnis der oft beobachteten Placebo-Allergie, die in Abwesenheit von Allergenen auftritt.

    Literatur

    Besedovsky, Luciana, Benischke, Mona, Fischer, Jörg, Yazdi, Amir S. & Born, Jan (2020). Human sleep consolidates allergic responses conditioned to the environmental context of an allergen exposure. Proceedings of the National Academy of Sciences, 117, doi:10.1073/pnas.1920564117.


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