Zum Inhalt springen

lernsensible Phasen

    Unter lernsensiblen Phasen werden Entwicklungsabschnitte bezeichnet, in denen bestimmte Erfahrungen wie z.B. Bindung maximale positive oder negative Wirkung zeigen. In diesem Zusammenhang ist der Begriff der Prägung bedeutsam. Der Begriff der Prägung geht dabei auf Konrad Lorenz zurück und bezeichnet einen Lernvorgang, der in einer bestimmten Phase oder einem bestimmten Lebensabschnitt erfolgen muss, wobei ein spezifisches Auslöseschema für eine Instinkthandlung gelernt wird.

    Die Prägung ist ein obligatorischer Lernvorgang, der sich auf eine bestimmte Verhaltensweise bezieht und in der Ontogenese nur einmal, eben in einer lernsensiblen Phase, stattfinden kann, wobei späteres Umlernen nicht mehr möglich ist. Geprägt wird dabei immer nur der Auslöser, wobei das durch Prägung erworbene Verhalten später nicht mehr oder nur sehr schwer verändert werden kann.  Aus entwicklungspsychologischer Sicht sind im Zusammenhang mit der Prägung vor allem die frühe Bindung und die Sprachentwicklung bedeutsam.

    Das Konzept der lernsensiblen Phasen kommt aus der Ethologie (Verhaltensforschung), die das entwicklungsgeschichtlich signifikante Verhalten einer Art in ihrer natürlichen Umgebung untersucht.

    Bei Neugeborenen beobachtet man, dass sie bevorzugt auf die Stimme der Mutter reagieren, obwohl sie offensichtlich noch keinerlei Form von Sprache oder Parasprache verstehen. Sie kennen aber den phonetischen Fingerabdruck der mütterlichen Klangerzeugung vermutlich schon aus dem Mutterleib. In einer neueren Studie konnte übrigens gezeigt werden, dass ein solcher früher Prägungsprozess auch bei Singvögeln stattfindet. In einer Studie (Kleindorfer et al., 2023) untersuchte man die vorgeburtliche Klangerfahrung und Klanglehre junger Singvögel, wobei sich zeigte, dass das Schlaflied, das Singvögel-Mütter ihren Eiern schon während des Brütens vorsingen, dabei eine größere Rolle als bisher gedacht spielt (Stangl, 2023).

    Literatur

    Daniel A. Abrams, Tianwen Chen, Paola Odriozola, Katherine M. Cheng, Amanda E. Baker, Aarthi Padmanabhan, Srikanth Ryali, John Kochalka, Carl Feinstein, & Vinod Menon (2016). Neural circuits underlying mother’s voice perception predict social communication abilities in children. PNAS, doi:10.1073/pnas.1602948113.
    Kleindorfer, Sonia, Brouwer, Lyanne, Hauber, Mark E, Teunissen, Niki, Peters, Anne, Louter, Marina, Webster, Michael S, Katsis, Andrew C, Sulloway, Frank J, Common, Lauren K., Austin, Victoria I. & Colombelli-Négrel, Diane (2023). Nestling begging calls resemble maternal vocal signatures when mothers call slowly to embryos. The American Naturalist. doi:10.1086/728105.
    Stangl, W. (2023, 24. Oktober). Die Stimme der Mutter … arbeitsblätter news.
    https://arbeitsblaetter-news.stangl-taller.at/die-stimme-der-mutter/.


    Impressum ::: Datenschutzerklärung ::: Nachricht ::: © Werner Stangl :::

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert