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Boreout

    Boreout oder Bore-out ist in gewissem Sinn ein Gegenpart zum Burnout, denn auch permanente Unterforderung stellt für immer mehr Menschen ein stetiges Problem dar. Gerade in der heutigen schwierigen Situation am Arbeitsmarkt befinden sich immer wieder hochqualifizierte MitarbeiterInnen in Positionen, die unter ihren Qualifikationen sind. Hinzu kommt, dass wer in der heutigen Arbeitswelt nicht gestresst ist, als nicht wichtig gilt, d.h., Stress wird daher  oftmals übertrieben dargestellt, denn wer gibt schon gerne zu, bei der Arbeit unterfordert zu sein?

    Während der Begriff bzw. das Phänomen Burn-out in der Mitte der Gesellschaft angekommen und von dieser weitgehend akzeptiert zu werden scheint, wird das Bore-out weitgehend eher belächelt. Dies ist aber eine bedauerliche Schieflage in mehrfacher Hinsicht, wie Ärzte und Therapeutinnen warnen, denn egal ob chronischer Stress durch Unter- oder Überforderung entsteht, seine Folgen umfassen in beiden Fällen Schlafstörungen, eine erhöhte Anfälligkeit für Infekte, Depressionen, Migräne, Rückenschmerzen oder Beschwerden im Magen-Darm-Bereich.

    Eine Unterforderung entsteht entweder durch eine zu geringe Menge an Arbeit oder dadurch, dass die Qualifikation des Beschäftigten höher ist, als es seine beruflichen Aufgaben erfordern und er sich deshalb geistig unterfordert fühlt. Um ausgelastet oder geschäftig zu wirken, geben Boreout-Betroffene vor, als ob sie arbeiten, d.h., sie tippen etwa wahllos auf Computertasten, erledigen privaten Schriftverkehr am Arbeitsplatz, buchen und planen ihre Urlaube oder surfen stundenlang im Internet, nehmen nicht vorhandene Arbeit oder Akten mit nach Hause. Menschen mit Boreout gehen oft sehr früh ins Büro und spät nach Hause,  arbeiten ihre zu erledigende Arbeit schnell ab, geben diese aber erst kurz vor dem Abgabetermin ab. Nicht wenige Betroffene wirken auf ihr Umfeld eher wie klassische Burnout-Kandidaten.

    Arbeitsbezogene Langeweile ist ein negatives, lähmendes Gefühl, wobei Langeweile bei der Arbeit die Stimmung drückt und dazu führt, dass die Arbeitenden sich ablenken, Kollegen anschwärzen oder sogar Gegenstände entwenden. Langeweile führt offensichtlich zu Niedergeschlagenheit und schädigendem Verhalten. Selbst ein relativ niedriger Grad an arbeitsbezogener Langeweile, hat ungünstige Folgen für Mitarbeiter und Unternehmen, sodass es wichtig ist, dass Arbeitgeber die Arbeit so gestalten, dass sie Langeweile vorbeugen, indem häufige Wiederholungen und Monotonie vermieden oder Aufgaben gezielt erweitert sowie angereichert werden. Auch Berufstätige, die immer nur bestimmte Teilaufgaben erledigen müssen, können an Boreout erkranken, denn aus psychologischer Sicht ist es langfristig wichtig, Erfolgserlebnisse zu haben und Arbeiten abzuschließen, wobei qualitative und quantitative Unterforderung dabei miteinander einhergehen. In einer Studie von van Hoff & van Hooft (2014) zeigte sich, dass schon eine niedrigschwellige Arbeitsgestaltung, die vom Mitarbeiter ausging, Langeweile bei der Arbeit und ihre unvorteilhaften Folgen eindämmte.

    Aus Umfragen kann man erkennen, dass es nicht nur gestresste ArbeitnehmerInnen gibt, sondern  auch solche, die zu wenig zu tun haben, sich nicht mit ihrer Arbeit identifizieren und sich langweilen.  Unterforderung, Langeweile und fehlende Erfolgserlebnisse können Menschen unter Stress setzen und mit der Zeit zu gravierenden psychischen Problemen führen. Die mit einem Boreout verbundenen Gefühle von Frustration, Niedergeschlagenheit und Antriebslosigkeit verschwinden nicht automatisch nach Dienstschluss, sondern beeinträchtigen nach und nach immer mehr Lebensbereiche.

    Am Ende einer solchen Entwicklung stehen dann oft der Verlust der Lebensfreude und sogar körperliche Symptome wie Schlafstörungen, Magenschmerzen oder Tinnitus. Viele Betroffene bringen solche Alarmsignale überhaupt nicht mit ihrem Beruf in Verbindung bzw. sie haben unbewusst Hemmungen, sich diesen Zusammenhang einzugestehen. Wer will schon zugeben, dass er sich schlecht fühlt, weil er zu wenig zu tun hat. Viele unterforderte Berufstätige entwickeln dann Verhaltensstrategien, um das Problem zu verschleiern und bei der Arbeit ausgelastet zu wirken.

    Klassischerweise ist das Boreout-Syndrom in jenen Bereichen der Arbeitswelt verbreitet, in denen durch Rationalisierung Aufgaben wegfallen, insbesondere in der Verwaltung und im Dienstleistungssektor. Allerdings tritt Boreout verstärkt auch in anderen Branchen, etwa im Bankengewerbe auf. Erstmals beschrieben wurde das Phänomen von Philippe Rothlin und Peter R. Werder im Buch Diagnose Bore-Out.

    Auswege sind dabei etwa, sich um Weiterbildung zu bemühen, versetzen zu lassen oder sich zu trauen, sich anderswo zu bewerben.  Eine Lösung kann übrigens auch Teilzeitarbeit sein.

    Bore-out-Syndrom bei älteren Menschen

    Das Bore-out-Syndrom bei älteren Menschen wird manchmal falsch beurteilt, denn Ärzte nehmen mitunter an, dass die Symptome auf eine Demenz hindeuten, wobei etwa ein Fünftel aller Demenzfälle eigentlich auf Depressionen zurückzuführen sind, die ihren Ursprung nicht selten in einem Bore-out haben. Hier sind  vor allem Männer betroffen, weil diese ihr Leben oft sehr stark über ihre Arbeit definiert hatten. Vor allem bei Workaholics, denen die Zeit für Hobbys und Freunde fehlte, bricht mit der Versetzung in den Ruhestand einiges zusammen.

    Definition: Das Bore-out-Syndrom (kurz: Boreout) ist gemäß englisch to bore = jemanden langweilen benannt. Die Wortschöpfung erfolgte analog zum Begriff Burnout. Der Begriff entstand zur Beschreibung gesundheitlicher Folgeschäden durch Unterforderung am Arbeitsplatz.

    Intrinsische und extrinsische Motivation im Beruf

    Viele Menschen werden durch die ständige Wiederholung von Tätigkeiten in ihrer Berufstätigkeit ausgelaugt, denn jeden Tag die gleichen Aufgaben, die gleichen Abläufe, die gleichen Anforderungen. Viele sind daher von ihrer Arbeit gelangweilt, obwohl sie eigentlich viel zu tun haben. Daraus entwickelt sich mit der Zeit früher oder später eine Routinefalle, die in manchen Berufen zu einem Risiko werden kann. Routineaufgaben versucht das menschliche Gehirn auf energiesparende Art und Weise zu bearbeiten, damit im Ernstfall genug Ressourcen für neue Herausforderungen bereitstehen. Deshalb versucht das Gehirn, Tätigkeiten, die man häufig erledigen muss, in das sogenannte Routinensystem zu verlagern, wobei dieses automatisierte Arbeiten das Gehirn nicht auslastet, und es sich nebenbei noch mit anderem befassen möchte. Daraus resultieren in der Regel Konzentrationsprobleme, denn erst wenn man vor neue oder auch überraschende Aufgaben gestellt wird, schaltet sich Aktivierungssystem an, das bewusst und differenziert funktioniert. Hinzu kommt, dass es sehr stark von der Persönlichkeit abhängt, denn manche Menschen schätzen Gewohnheiten und empfinden auch Wiederholungen als angenehm. Viele leiden aber auch unter der Routinen, sodass sie sich für die Motivation ein anderes Ziel als die Verrichtung ihrer Arbeit suchen müssen. In der Psychologie spricht man in diesem Zusammenhang von extrinisischer und intrinsische Motivation. Wenn die intrinsische Motivation, also die Freude an der Arbeit selber, ausbleibt, dann bleibt einem nichts anderes übrig, als sich extrinsische Motivationen zu suchen, denn wenn die Routine zermürbt und die Arbeit ohne intrinsische Belohnung bleibt, kann es zu psychischen Probleme kommen, da durch die ständige Unzufriedenheit mit seiner Situation und das Grübeln darüber Stress erzeugt. Meist wird einem die Ursache gar nicht bewusst, denn man hat einfach zu nichts mehr Lust und ist schlecht gelaunt, ohne zu wissen, was eigentlich die Ursache ist. Ist aber der Berufsalltag dadurch bestimmt, kann man oft auch in der Freizeit keine Erholung mehr finden, da Menschen diese beiden Lebensbereich selten konsequent aufspalten können.

    Siehe auch Boreout – Ausgebrannt vor Langeweile


    Kleiner Boreout-Test

    Mit der Beantwortung dieser Fragen ( Wyssling, 2013) kann man prüfen, ob man an Boreout leidet bzw. zur Risikogruppe gehört. Wenn man viermal mit JA antwortet, besteht die Gefahr, ein Bore-out zu entwickeln:

    • Erledigen Sie häufig private Dinge während der Arbeitszeit?
    • Verschicken Sie während Ihrer Arbeitszeit auch private E-Mails?
    • Sind Sie am Abend kaputt und müde, auch wenn Sie gar keinen offensichtlichen Stress hatten?
    • Fühlen Sie sich oft unglücklich bei Ihrer Arbeit?
    • Empfinden Sie Ihre Arbeit oft als sinnlos?
    • Täuschen Sie oft vor, als ob Sie arbeiten würden, haben in Wirklichkeit aber gar nichts oder wenig zu tun?
    • Würden Sie gerne etwas anderes arbeiten, haben aber Angst weniger verdienen zu können?
    • Haben Sie das Gefühl ihre Arbeit schneller erledigen zu können als sie es tun?
    • Sind Sie bei der Arbeit oft lustlos und/oder fehlt Ihnen die Identifikation mit ihrer Arbeit?
    • Sind Sie gelangweilt oder unterfordert auf Ihrer Arbeit?

    Literatur

    van Hooff, Madelon L. M.  & van Hooft, Edwin A. J. (2014). Boredom at Work: Proximal and Distal Consequences of Affective Work-Related Boredom. Journal of Occupational Health Psychology, 19, 348–359.
    Wyssling, Heinz Léon (2013). Boreout – der Bruder vom Burnout.
    WWW: https://www.hrtoday.ch/de/article/boreout-der-bruder-vom-burnout (13-06-24)
    http://www.ptext.de/nachrichten/boreout-krank-frustration-langeweile-379455 (12-06-15)
    https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/news/58/boreout-ausgebrannt-vor-langeweile (11-12-12)
    http://www.seele-und-gesundheit.de/diagnosen/boreout.html (11-12-21)


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