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Stäbchen

    Als Stäbchen bezeichnet man die Fotorezeptoren auf der Netzhaut des Auges, die Schwarz, Weiß und Grau erkennen können und für das periphere Sehen und das Sehen in der Dämmerung erforderlich sind, wenn die Zapfen nicht reagieren. Je nach Beleuchtung nutzen also Menschen unterschiedliche Sehzellen, nämlich Stäbchen bei schwachem Licht und Zapfen bei Tageslicht, allerdings ist es unklar, ob der menschliche Wahrnehmungsapparat dabei berücksichtigt, wie unterschiedlich sich Tageslicht und nächtliche Beleuchtung auswirken. Während die Anzahl der Zapfen zur Mitte der Netzhaut hin zunimmt, befinden sich die Stäbchen an deren Rand, wobei im Zentrum der Netzhaut, der Stelle des schärfsten Sehens, die Stäbchensehzellen ganz fehlen. Die dort konzentrierten Zapfen aber sind für schwaches Licht nicht empfindlich genug, so dass das visuelle System bei schwacher Beleuchtung keine Signale von dort erhält. Obwohl also in der Mitte des menschlichen Gesichtsfeldes ein Loch klafft, wenn es dunkel ist, verlassen sich Menschen bei Finsternis weitgehend auf die vagen Informationen über diese Lücke. So kann ein kleiner Stern am Nachthimmel verschwinden, sobald man direkt auf diesen Stern blickt, weil er auf die Sehgrube (Fovea) projiziert wird.

    Schütz & Gloriani (2019) ließen Probanden und Probandinnen ein Muster betrachteten, das in der Mitte des Gesichtsfeldes, auf Höhe der Sehgrube anders gestaltet ist als darum herum. Es zeigte sich, dass trotz der Unterbrechung des Musters die meisten Probanden und Probandinnen es als durchgehend wahrnahmen, wenn die Beleuchtung schwach war. Das bedeutet, dass die Versuchsteilnehmerinnen und -teilnehmer Informationen aus dem zentralen Blickfeld bevorzugten, obwohl diese bei schwacher Beleuchtung nicht vertrauenswürdig waren. Offenbar wird die Lücke, die Nachts in der Mitte des Gesichtsfeldes besteht, durch Informationen aus der unmittelbaren Umgebung aufgefüllt. Die übergeordneten Verarbeitungsinstanzen vertrauen dieser abgeleiteten Information mehr als wahrheitsgetreuen Informationen aus der Peripherie des Gesichtsfeldes. Offenbar ignorieren sie die nachtblinde Fehlstelle und berücksichtigen daher auch nicht, ob Informationen von Zapfen- oder Stäbchenrezeptoren stammen und ob die Informationen nur aufgefüllt sind oder nicht.

    Literatur

    Gloriani, Alejandro H. & Schütz, Alexander C. (2019). Humans trust central vision more than peripheral vision even in the dark, Current Biology, 29, 1–5.


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