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Routine

    Was Du zwei Jahre lang gemacht hast,
    betrachte es sorgfältig!
    Wenn Du etwas fünf Jahre lang gemacht hast,
    betrachte es misstrauisch!
    Wenn Du etwas zehn Jahre lang gemacht hast,
    mache es anders.
    Mahatma Gandhi

    Wer denkt, Abenteuer seien gefährlich,
    der sollte es einmal mit Routine versuchen:
    die ist tödlich.
    Paulo Coelho

    Manche leben mit einer so erstaunlichen Routine,
    dass es schwerfällt zu glauben,
    sie lebten zum ersten Male.
    Stanisław Jerzy Lec

     

    Als Routine bezeichnet man in der Pädagogik und in der Psychologie eine Handlungsabfolge, die durch vielfältige Wiederholung zur Gewohnheit geworden ist. Wenn ein Mensch öfter mit vergleichbaren Situationen konfrontiert wird, können diese nach der Internalisierung oder Habitualisierung der zur Problemlösung notwendigen Handlungsabfolgen schneller und erfolgreicher bewältigt werden, wobei hinzukommt, dass Menschen durch Routinen eine größere Handlungssicherheit erreichen.

    Jede Routine ist dabei im Gedächtnis verankert, aber auch im Lebensumfeld wie etwa in der eigenen Wohnung oder im Freundeskreis, die in diesen Situationen automatisch zur Verfügung steht. Ohne Routinen könnten Menschen ihren Alltag gar nicht bewältigen, wobei das Bewusstsein die täglichen Aufgaben gewissermaßen an kleine Agenten delegiert, die diese zielsicher und unbemerkt im Schatten des bewussten Denkens erledigen. Dass Menschen Hände schütteln können, ohne vorbeizugreifen, liegt daran, dass diese Bewegung automatisiert ist, wobei das Gehirn diese komplexen Bewegungsabläufe nach tausendfacher Übung fest abgespeichert hat. Wenn solche Routinen erst einmal im Gehirn sind, bekommt man sie schwer wieder aus dem Kopf, was etwa auch den Vorteil hat, dass man auch nach Jahrzehnten das Schwimmen oder Fahrradfahren nicht verlernt und mit wenig Übung gelingt es auch nach einer so langen Pause wieder so gut wie früher. Wenn man hingegen eine Bewegung zum ersten Mal ausführt und sich bewusst darauf konzentriert, wird das vor allem im sogenannten Stirnhirn-Bereich verarbeitet, jedoch für automatisierte, routinierte Bewegungsabläufe benötigt man zwei weitere Areale, nämlich das Kleinhirn, das unter anderem für Koordination und das Lernen von Bewegungsabläufen zuständig ist, und die Basalganglien, in denen Rituale und Routinen abgespeichert werden. Untersuchungen haben gezeigt, dass das Gehirn übrigens komplizierte Bewegungen sicherer abspeichert als einfache. Wenn man sich falsche Bewegungsroutinen etwa für eine Sportart oder ein Musikinstrument angeeignet hat, ist es äußerst schwer, diese wieder umzuprogrammieren. Daher ist es besser, langsam und bewusst anzufangen und beim Erlernen schon auf alle Details zu achten, etwa die richtige Haltung, und beim Wiederholen sich dann Stück für Stück dem Zieltempo annähern.

    Routinen hängen auch mit Normalität zusammen. Der Drang nach Normalität ist aus neurowissenschaftlicher Perspektive nichts Neues, sondern geht einher mit einer grundlegenden Arbeitsweise des Gehirns, denn das menschliche Gehirn funktioniert vor allem über Gewohnheiten und Routinen. Diese sparen nicht nur Energie, sondern sorgen auch für einen gewissen Normalzustand, indem Menschen gut funktionieren können, geben ihnen Sicherheit und ermöglichen es ihnen, basierend auf bisherigen Erfahrungen, Vorhersagen zu treffen und so Entscheidungen zu fällen. Wer aus persönlichen Routinen ausbrechen will oder muss, weil er z. B. durch ein besonderes Ereignis wie einen Verlust oder eine Notwendigkeit aus ihnen herausgerissen wird, sollte bedenken, dass Gewohnheiten nicht nur den Alltag beherrschen sondern auch einen nicht unwesentlichen Teil der Persönlichkeit darstellen. Wer aus Routinen ausbrechen will, trifft daher in seinem Innern auf Widerstand, wobei letztlich aber jede Veränderung zu neuen Routinen führt.

    Routinen haben sich in einem jahre- oder jahrzehntelangen Lernprozess ins Gehirn eingebrannt, sodass sich etwas Neues anzugewöhnen letztlich nichts anderes bedeutet, als dieses neue Verhalten auch zu üben. Der erste Griff zur Zigarette ist noch eine bewusste, aktive Entscheidung, über die man vielleicht sofar nachdenkt, doch wer aber immer wieder in bestimmten Situationen raucht, etwa beim Kaffeetrinken, beim Glas Wein, nach dem Essen oder etwa nach einem stressigen Termin, signalisiert seinem Gehirn: „So machen wir das jetzt immer beim Kaffeetrinken, beim Weintrinken, nach dem Essen oder nach jedem Termin!“ Im Gehirn formen und festigen sich dann neue neuronale Netzwerke, die diese Verhaltensweise automatisch ablaufen lassen, wobei die auslösenden Reize wie Kaffee, Wein, der leere Teller nach dem Essen oder der absolvierte belastende Termin zu einer Art Auslöser werden, der im Kopf eine Kettenreaktion in Gang setzt, was in der Folge zu Griff nach der Zigarettenschachtel, nach dem Feuerzeug und schließlich zum Anzünden der Zigarette führt. Viele Süchte sind in Routinen eingebaut.

    Vor allem ist das menschliche Gehirn darauf bedacht, möglichst wenig Energie zu verbrauchen, sodass es sich in problematischen Situationen häufig für gewohnte Lösungen oder Verhaltensformen entscheidet, da diese effizient und routiniert abgewickelt werden können. Diese Eigenschaft kann man sich übrigens dadurch zunutze machen, indem man etwa Sport, eine gesunde Ernährung oder einen guten Vorsatz zur Routine werden lässt, was zwar vor allem zu Beginn etwas an Zeit und Durchhaltevermögen bedarf, sich aber langfristig gesehen als förderlich erweisen kann.


    Im Grunde ist eine Gewohnheit ein repetitives Verhalten, das ab einem bestimmten Punkt automatisch abläuft und von bestimmten Umweltreizen ausgelöst wird. (…) Unser Alltag würde ohne solche Routinehandlungen schlichtweg nicht existieren. Gewohnheiten sind das, woraus er besteht.
    Bas Verplanken


    Routinen im Sport

    Man hat im Rahmen einer Metastudie untersucht, wie wirksam automatisierten Abläufe in fünfzehn verschiedenen Sportarten sind, wer vor allem davon profitiert und wie einfach oder komplex sie für den bestmöglichen Effekt sein müssen. Die Studie kommt zum Schluss, dass die Handlungsroutinen für die Optimierung der sportlichen Leistung wirksam sind, d. h., im Sport ist es von Vorteil, eine auf einen Wettkampf vorbereitende Strategie zu entwickeln, wobei es aber keine Rolle zu spielen scheint, wie einfach oder komplex solche Rituale ist, auf welchem Niveau die SportlerInne sind oder ob es sich um einen männlichen oder weiblichen Sportler handelt. Was sich hingegen durchaus lohnt ist die Individualisierung de entsprechenden Routine.

    Siehe dazu auch das Stichwort Gewohnheit und das Arbeitsblatt Gewohnheit.


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