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Major Depression

    Als Major Depression bezeichnet man in der Psychopathologie eine affektive Störung, bei der ein Mensch ohne ersichtlichen Grund für zwei Wochen oder länger eine depressive Stimmung, ein Gefühl der Wertlosigkeit und ein vermindertes Interesse oder nur wenig Freude an den meisten Aktivitäten verspürt.

    Zwar können akute Depressionen wirksam behandelt werden, doch bleibt auch nach erfolgreicher Therapie ein hohes Rückfallrisiko, sodass sich gezielte psychotherapeutische Massnahmen zur Nachsorge und Rückfallprophylaxe als sinnvoll erweisen. Allerdings scheitert in der Praxis die Umsetzung solcher erhaltungstherapeutischer Massnahmen häufig, sowohl am Aufwand als auch am Fehlen nahtloser Weiterbehandlungsmöglichkeiten. Im Schweizer Projekt „Nachsorge per Telefon werden systematische erhaltungstherapeutische Telefonkontakte eingesetzt, um eine flexible und ortsunabhängige therapeutische Unterstützung anzubieten. Das Angebot richtet sich speziell an KlientInnen, die wegen einer akuten Episode einer Major Depression eine Psychotherapie absolviert haben und aufgrund ihrer Krankheitsgeschichte ein erhöhtes Rückfallrisiko aufweisen. Die Erhaltungstherapie schliesst dabei nahtlos an die Akuttherapie an, dauert sechs Monate und umfasst acht Telefongespräche, die durch eigens geschulte Therapeuten der beteiligten Zentren durchgeführt werden. Die Stichprobe der Studie umfasst etwa 220 Menschen mit rezidivierender oder chronischer Depression, die zuvor eine ambulante oder stationäre kognitiv-verhaltenstherapeutische Akutbehandlung an einem der beteiligten Zentren in der Schweiz und Deutschland absolviert haben. Als Endpunkt der Studie werden depressive Rückfälle im Zeitraum von 18 Monaten nach Abschluss der Akuttherapie und zentrale psychologische Mechanismen der Rückfallprophylaxe sowie die Kosteneffektivität der Intervention untersucht.
    Link: http://www.psychologie.uzh.ch/de/fachrichtungen/klipfor/forschung/forschungsprojekte/NaTel.html (17-07-05)

    Kognitive Theorien über Depressionen gehen übrigens davon aus, dass eine unangemessene Informationsverarbeitung das Risiko eines erneuten Auftretens von Depressionen erhöht. Es gibt zunehmend theoretische und empirische Belege dafür, dass die kognitive Kontrolle emotionaler Informationen ein Risikofaktor für das Wiederauftreten von Depressionen ist. Wen et al. (2023) haben in einer Metaanalyse  jüngst die Ergebnisse von Verhaltensstudien untersucht, die die kognitive Kontrolle emotionaler Informationen zwischen Teilnehmern mit remittierter Major Depression und gesunden Kontrollteilnehmern verglichen, wobei Reaktionszeiten und Fehlerraten als Ergebnisvariablen verwendet wurden, und Aspekte der klinischen Merkmale, der Stichprobencharakteristika sowie der Methodik und des Designs als moderierende Variablen untersucht wurden. Die beiden Gruppen unterschieden sich dabei signifikant in der Differenz zwischen den Reaktionszeiten für negative und positive Stimuli. Insbesondere war die Differenz der Reaktionszeiten zwischen negativen und positiven Stimuli bei Teilnehmern mit remittierter Major Depression größer als bei der Kontrollgruppe, was auf größere Schwierigkeiten bei der Kontrolle irrelevanter negativer im Vergleich zu positiven Stimuli hinweist. Eine solche kognitive Kontrollverzerrung könnte mit einer bevorzugten Verarbeitung negativer gegenüber positiven Informationen im Arbeitsgedächtnis verbunden sein. Dieses Ungleichgewicht könnte dann mit anderen Verzerrungen bei der Verarbeitung emotionaler Informationen und mit einer Dysregulation der Emotionen verbunden sein, wodurch sich das Risiko eines erneuten Auftretens von Depressionen erhöht, d. h., Negatives bleibt stärker im Gedächtnis und die Stimmung und di Gedanken werden negativ beeinflusst.
    Literatur
    Stangl, W. (2023, 22. August). Menschen mit Depression nehmen negative und positive Stimuli unterschiedlich wahr. arbeitsblätter news.
    https://arbeitsblaetter-news.stangl-taller.at/menschen-mit-depression-nehmen-negative-und-positive-stimuli-unterschiedlich-wahr/.
    Wen, A., Fischer, E. R., Watson, D. & Yoon, K. L. (2023). Biased cognitive control of emotional information in remitted depression: A meta-analytic review. Journal of Psychopathology and Clinical Science, doi:10.1037/abn0000848. (Stangl, 2023).

    Verwendete Literatur


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