Zum Inhalt springen

Desensibilisierung

    Die systematische Desensibilisierung (systematic desensitization) ist in der Psychologie eine Art Gegenkonditionierung, bei der ein angenehm entspannter Zustand mit allmählich immer stärker angstauslösenden Stimuli gekoppelt wird. Wird häufig zur Behandlung von Phobien eingesetzt und auch als Desensitivierung bezeichnet.

    Im Rahmen einer Allergiebehandlung in der Medizin wird die Desensibilisierung, auch Hyposensibilisierung oder spezifische Immuntherapie genannt, wird die Desensibilisierung eingesetzt, um die Toleranz eines Menschen gegenüber Allergenen zu erhöhen. Hierzu werden den Allergikern allmählich gesteigerte Dosen des Allergens unter die Haut gespritzt (subkutane Hyposensibilisierung).

    Das Vorgehen bei der systematischen Desensibilisierung umfasst verschiedene Schritte: Zunächst werden die Betroffenen in ein Entspannungsverfahren (z.B. Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson) eingeführt. Parallel erarbeiten sie zusammen mit ihren Therapeuten eine Angsthierarchie, bei der sie auf einer Skala von 0 bis 100 ihre Ängste entsprechend der Intensität einordnen (0 = keine Angst, 100 = maximale Angst). Im Anschluss erfolgt eine graduierte Konfrontation der Betroffenen mit ihren Ängsten. Dabei sollen sich die Betroffenen zunächst in den Zustand der Entspannung begeben. Anschließend erfolgt eine gedankliche Auseinandersetzung mit den Ängsten, wobei entsprechend der Angsthierarchie mit den leichtesten Ängsten begonnen wird. Wenn die Betroffenen ausgeprägte Angstsymptome erleben, werden die im Vorfeld erarbeiteten Entspannungsübungen durchgeführt. Dieses Vorgehen wird so lange wiederholt, bis auch die schweren Ängste ausreichend bearbeitet wurden. Das Verfahren der systematischen Desensibilisierung, das auf einer rein gedanklichen Konfrontation mit den Ängsten beruht, wurde zunächst erfolgreich in der Angsttherapie eingesetzt. Im späteren Verlauf wurde es durch die Expositionstherapie, die auch eine reale Konfrontation mit den angstbesetzten Situationen und Objekten vorsieht, abgelöst.

    Definitionen
    Desensibilisierung bezeichnet den Vorgang des schrittweisen Abbaus von neurotischen Angstreaktionsgewohnheiten. Der Patient wird in einen angstfreien Zustand versetzt. Danach wir er schwachen Angstreizen ausgesetzt. Nach mehrmaliger Konfrontation mit diesen schwachen Angstreizen verlieren diese Angstreize ihre angsterregende Wirkung. Jetzt wird mit stärkeren Angstreizen fortgefahren. Da der Patient mit schwachen Reizen beginnt und sich dann zu stärkeren steigert bezeichnet man das Verfahren als systematisch. Eltern wenden das Verfahren der systematischen Desensibilisierung oft intuitiv bei ihren Kindern an ohne es extra erlernt zu haben (vgl. Wolpe 1974, S. 103f).
    „Desensibilisierung, systematische: Verfahren der Verhaltenstherapie zur Behandlung von starken Angstzuständen ( → Phobien). Zunächst wird eine → Angsthierarchie erstellt und eine tiefe muskuläre Entspannung eingeübt. Der Patient stellt sich anfangs die wenig angsterzeugenden Situationen im Entspannungszustand vor, bis keine Angst mehr auftritt. Es werden dann zunehmend schwierigere Situationen behandelt, bis Angstfreiheit erreicht ist. Diese systematische D. (von leichteren zu schwierigeren Situationen) beruht auf dem Prinzip der → Gegenkonditionierung: Der gelernte Zusammenhang zwischen angstauslösenden Reizen und der Angstreaktion wird durch die D. verlernt. Die Angstreaktionen werden durch angemessene Reaktionen ersetzt. Als Begründer der D. gilt WOLPE (1972)  (Brunner & Zeltner, 1980, S. 45).“
    Angst kann man mit drei verschiedenen Methoden messen: dem physiologischen- verbal-subjektiven Verfahren und mittels der Verhaltensbeobachtung. Bei der Verhaltensbeobachtung wird z.B. das Ausdrucksverhalten, Leistungsverhalten oder das Vermeidungsverhalten erhoben. Eine Möglichkeit in der Verhaltensbeobachtung stellt die systematische Desensibilisierung dar. Ein wichtiges Merkmal dieser Methode ist die Fremdbeurteilung des Verhaltens durch den Therapeuten (vgl. Sörensen 1994, S. 115f).
    Desensibilisierung ist, wie der Name schon beinhaltet, das Gegenteil von Sensibilisierung. Bei der Desensibilisierung handelt es sich um die Überwindung von unkontrollierbaren Vermeidungsverhalten (insb. Angstverhalten). Dies geschieht durch die Reduzierung von Emotionen in bestimmten absichtlich erzeugten Situationen (vgl. Burkhard & Kraiker 1991, S. 33).
    Die systematische Desensibilisierung ist ein Verfahren bei dem Personen lernen in subjektiv wahrgenommenen Angstsituationen ruhig und entspannt zu bleiben. Es ist ein einfaches Verfahren: Zunächst einmal lernt man sich körperlich zu entspannen. Dann lernt man sich auch in Situationen zu entspannen welche einem derzeit Angst bereiten. Dies wird systematisch erreicht: Zuerst wird eine Angsthierarchie erstellt. Der Patient begibt sich nun in den Entspannungszustand. Nun wird er vom Therapeuten mit einer Angstsituation konfrontiert welche weit unten auf der Hierarchie steht um sich allmählich daran zu gewöhnen. Ist dies vollendet wird mit einer bedeutenderen Angstsituation weitergearbeitet bis man die Spitze der Hierarchie erreicht (vgl. Florin 1978, S. 12f).

    Literatur
    Wolpe,  J. (1974). Praxis der Verhaltenstherapie. Bern: Verlag Hans Huber
    Sörensen,  M. (1994). Einführung in die Angstpsychologie. Ein Überblick für Psychologen, Pädagogen, Soziologen und Mediziner. Weinheim: Deutscher Studien Verlag
    Brunner, R. & Zeltner, W. (1980). Lexikon zur Pädagogischen Psychologie und Schulpädagogik. München: Ernst Reinhardt, GmbH & Co, Verlag.
    Burkhard, P. & Kraiker, C. (1991). Hypnose und Verhaltenstherapie. Bern: Verlag Hans Huber
    Florin,  I. (1978). Entspannung, Desensibilisierung: Leitfaden für die Praxis / unter Mitarbeit von Gunther Haag. Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer GmbH


    Impressum ::: Datenschutzerklärung ::: Nachricht ::: © Werner Stangl :::

    Ein Gedanke zu „Desensibilisierung“

    1. Thought-Stopping“ ist eine verhaltenstherapeutische Methode, mit der man lästige Gedanken ausschaltet: Man streift ein Gummiband über das Handgelenk und sobald ein negativer Gedanke beginnt, im Kopf zu rotieren, lässt man das Gummiband leicht an den Arm schnalzen. Man visualisiert dabei ein Stopp-Schild oder ruft „Stopp!“, und formuliert laut oder im Geist einen positiven Ersatz-Gedanken.

    Die Kommentarfunktion ist deaktiviert.