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Halluzination

    Halluzinationen beschreiben jenes Phänomen, dass Menschen etwas wahrnehmen, das objektiv betrachtet nicht existiert, d. h., sie hören Stimmen, wo niemand spricht, sie sehen eine Person oder ein Objekt, die oder das nicht vorhanden ist. Dabei sind sie davon überzeugt, dass ihre Wahrnehmungen real sind. Lange galten Halluzinationen als typische Symptome einer psychischen Krankheit oder als Folge von Drogenkonsum, doch solche optische Trugbilder oder das Hören von Stimmen können ganz verschiedene Ursachen haben und dass auch gesunde Menschen manchmal Halluzinationen erleben.

    Halluzinationen sind im Wesentlichen eine Form der Sinnestäuschung, die mit der Funktionsweise des menschlichen Gehirns verknüpft ist, denn die Wahrnehmung ist ein konstruktiver Prozess, d. h., erst das Gehirn erzeugt die Welt, die man zu sehen glaubt. Dabei füllt das Gehirn Lücken der Wahrnehmung, was auch an der Gehirnaktivität sichtbar wird.

    Die Aktivität der Hirnrinde erstellt nach neuester Forschung über die Sinnesorgane kein Abbild der Außenwelt, sondern arbeitet als Prognosemaschine, d. h., die Sinneswahrnehmung bildet nur die Basis der Vorhersage und  erstellt kein inneres Abbild. Das menschliche Gehirn produziert in höheren Hirnregionen fortlaufend Erwartungen, die es dann mit den einlaufenden Sinnesdaten aus den niedrigeren Gehirnarealen vergleicht, um das Modell der Welt, das jeder Mensch im Laufe seines Lebens entwickelt, zu verbessern. So entstehen Halluzinationen vor allem dann, wenn sich der Cortex auf einer bestimmten Hierarchieebene trotz ungenügender Information über die zu erwartenden Sinnesinformationen zu sicher ist und dadurch eine falsche Schlussfolgerung produziert. Eine Halluzination entsteht also nicht durch eine beeinträchtigte Sinneswahrnehmung, sondern letztlich durch ein Versagen bei der Kodierung der Unsicherheit bzw. Prognose der Zukunft.

    Manche Wissenschaftler sind deshalb sogar der Ansicht, dass man Wahrnehmung im Allgemeinen als kontrollierte Halluzination betrachten kann, denn auch die alltägliche Wahrnehmung hängt nicht allein von Sinneseindrücken ab, sondern die Bedeutung, die ein Reiz im Alltag bekommt, ist von den Annahmen und der Erfahrung mit der Welt geprägt, sodass Halluzinationen vermutlich nur als eine falsche Gewichtung von Erfahrungen und Erwartungen gegenüber einem ankommenden Reiz verstanden werden können.

    Man geht davon aus, dass halluzinatorische Erscheinungen vor allem dann auftreten, wenn die nachgeschalteten Ebenen der Sinneswahrnehmung abgekoppelt von einem tatsächlichen Reiz aktiv werden. Die interpretierenden Gehirnareale feuern, obwohl gar kein Eingangsreiz vorhanden ist, damit das Gehirn dennoch ein in sich stimmiges und realistisches Bild oder einen Höreindruck erzeugt. Gehirnscans mittels funktioneller Magnetresonanz-Tomografie zeigen, dass während einer Halluzination tatsächlich genau jene Hirnareale und Verknüpfungen aktiv werden, die auch bei der Verarbeitung eines echten Reizes aktiv sind. Doch die rezeptorischen Bereiche, die für den Empfang der Signale von den Sinnesorganen zuständig sind, etwa das primäre Sehzentrum oder Hörzentrum, bleiben inaktiv. Siehe dazu das Charles Bonnet Syndrom.

    Halluzinationen haben daher nicht immer Krankheitswert und können kurzfristig in Folge exzessiver Meditation oder religiöser Riten auftreten. Bei manchen Menschen lösen Halluzinationen Todesängste aus, sodass sie gefährdet sind, sich selbst oder anderen etwas anzutun. Halluzinationen treten z. B. auf infolge von Gehirnerkrankungen (Epilepsie,  hirnorganisches Psychosyndrom, Tumor), besonders häufig als Begleiterscheinung eines Entzugs von Drogen (Halluzinogene) oder Alkohol („weiße Mäuse“),  als Symptom einer schizophrenen Psychose oder Depression, als Begleiterscheinung von hohem Fieber, als Folge von Schlafentzug und auch als Folge einer extrem reizarmen Umgebung (Deprivation).

    Halluzinationen treten auch als Begleitphänomen bei Narkolepsie auf, wobei fälschlicherweise bei Narkoleptiktern häufig eine Psychose diagnostiziert wird, denn im Zustand der Schläfrigkeit erleben Betroffene oft lebhafte, traumähnliche Bilder und Vorstellungen. Zu den beunruhigenden Bildern und Geräuschen tritt manchmal die Vorstellung, jemand sei im Raum, wobei diese Traumvorstellungen bei Betroffenen Angst auslösen, da sie halb wach aber bewegungsfähig sind.

    Halluzinationen sind auch ein Merkmal von Fieberträumen. Wenn das menschliche Immunsystem einen Erreger bekämpft hat, werden die Abwehrzellen des Immunsystems aktiv, und gleichzeitig sendet dieses die Botenstoffe Interleukin 1 und Interleukin 6 aus, die im Gehirn den Fieberprozess auslösen. Wer unter hohem Fieber leidet, fällt in der Regel in einen unruhigen Schlaf, sodass es zu einem Fiebertraum kommen kann, wobei solche Halluzinationen von Betroffenen oft als besonders intensiv, gut erinnerbar und realitätsnah wahrgenommen werden.


    1. Definition
    Halluzinationen/Wahnwahrnehmungen sind äußere Reize die in Wirklichkeit nicht vorhanden sind. Halluzinationen treten bei sehr vielen Schizophrenie Fällen auf wobei die am häufigsten auftretende Art die akustische Halluzination ist. In Wirklichkeit sind es innere Reize die man auch nur selbst wahr nimmt (vgl. Arieti S., 1979, S. 93).

    2. Definition
    Bei Halluzinationen kann jedes Sinnesorgan betroffen sein. Die optische Halluzination findet oft im Delirium statt. Die akustische Halluzination tritt oft bei Schizophrenie auf. Es gibt noch viele weitere Sinnestäuschungen, z.B. Geruchs-, Berührungs-, usw., -halluzinationen. Bei Illusionen werden häufig vorhandene Reize für etwas anderes gehalten und bei Halluzinationen liegt kein Reiz vor für das was man zu sehen glaubt (vgl. Stumm G., 2000, S. 269).

    3. Definition
    Hypnosen können spontan Halluzinationen verursachen ohne einen äußerlichen Anreiz zu bieten. Bei negative Halluzinationen, auch Dissoziation genannt, werden vorhandene Reize nicht erkannt und bei positiven Halluzinationen werden Reize verursacht wobei in Wirklichkeit kein Reiz vorliegt (vgl. Peter B., 1993, S. 24).

    4. Definition
    „Halluzinationen sind Trugwahrnehmungen; d.h. Sinneseindrücke, die ohne einen entsprechenden Außenreiz entstanden sind. Prinzipiell kann dies alle Sinnesbereiche betreffen, am häufigsten sind jedoch Stimmenhören (akustische Halluzinationen), gefolgt von Geruchs- und Körperhalluzinationen, seltener sind Erscheinungen und Visionen (optische Halluzinationen)“ (Bäuml J., 1994, S. 15).

    5. Definition
    Halluzinationen sind Wahrnehmungen; „für die es in der Umwelt keine entsprechenden Reize gibt: z.B.: ich höre Stimmen, obwohl keiner da ist, der mit mir spricht (akustische Halluzinationen). Ich fühle mich berührt, obwohl keiner mich anfasst (haptische Halluzinationen); es gibt ferner Geruchshalluzinationen und optische Halluzinationen“ (Dörner K./Plog U., 1984, S. 154).


    Formen von Halluzinationen

    • Akustische Halluzinationen: Hören von Geräuschen, ohne dass solche vorhanden sind (Akoasmen) oder Stimmenhören (kommentierende, imperative oder dialogisierende Stimmen), ohne dass tatsächlich jemand spricht, wobei Stimmenhören typisch für Schizophrenien ist.
    • Optische Halluzinationen: ungeformte elementare visuelle Wahrnehmungen (Photopsien, z. B. Wahrnehmung von Lichtblitzen), einzelne Gestalten (z. B. »weiße Mäuse«) oder szenische Halluzinationen (oneiroide Halluzinationen: szenische, traumähnliche Halluzinationen, bei denen der Betroffene aktiv im Mittelpunkt steht). Weniger typisch für Schizophrenien, sondern eher für organische Psychosen (häufig im Alkoholentzugsdelir, bei drogeninduzierten Psychosen, Läsionen des Okzipitallappens).
    • Olfaktorische/gustatorische Halluzinationen: Wahrnehmung meist unangenehmer oder ungewöhnlicher Gerüche bzw. Geschmacksempfindungen. Häufig bei Tumoren in der Area olfactoria oder in der Aura epileptischer Anfälle, aber auch bei Schizophrenien oder depressiven Störungen vorkommend.
    • Hypnagoge Halluzinationen: optische und akustische Sinnestäuschungen in der Einschlafphase, nicht notwendigerweise pathologisch, auch bei Narkolepsie.
    • Taktile/haptische Halluzinationen: beziehen sich auf Hautempfindungen; Tast- oder Berührungshalluzinationen. Vor allem bei älteren Personen mit organischen Psychosen.
    • Dermatozoenwahn: chronisch taktile Halluzinose (fraglich, ob Halluzinose oder Wahn); Missempfindungen auf der Haut (ohne Reiz von außen) werden auf kleine krabbelnde Tierchen auf oder unter der Haut zurückgeführt. Vor allem bei organischen Psychosen, seltener bei Schizophrenien.
    • Zönästhetische Halluzinationen (Leibhalluzinationen) i. e. S.: Missempfindungen oder Schmerzen in Organen/im Körper, die als von außen gemacht erlebt werden (z. B. Gefühl des Bestrahlt- oder Elektrisiertwerdens); Sonderform: kinästhetische Halluzinationen (Bewegungshalluzinationen: Gefühl, bewegt zu werden). Vor allem bei Schizophrenien Zönästhesien: verschiedenste, zum Teil bizarre Störungen des Leibempfindens (z. B. Gefühl, der Körper schrumpft, Taubheits- oder Steifigkeitsempfindungen, Schmerzsensationen, kinästhetische, thermische oder Elektrisierungssensationen); fließende Übergänge zu taktilen Halluzinationen. Vor allem bei Schizophrenien.

    Literatur

    Arieti, S. (1979). Schizophrenie. München: Piper Verlag GmbH.
    Bäuml, J. (1994). Psychosen. Berlin Heidelberg: Springer-Verlag.
    Dörner, K. & Plog U. (1984). Irren ist menschlich. Bonn: Psychiatrie Verlag.
    Peter, B. (1993). Hypnotische Phänomene. Berlin: Springer-Verlag.
    Stangl, W. (2021, 16. Juni). Traum. Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik.
    https:// lexikon.stangl.eu/4747/traum.
    Stumm, G. (2009). Wörterbuch der Psychotherapie. Wien: Springer-Verlag.
    http://www.scinexx.de/dossier-detail-807-5.html (17-02-25)


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