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Reaktanz

    Reaktanz bezeichnet jenen psychologischen Effekt bei Entscheidungen, bei denen Wahlalternativen attraktiver erscheinen, wenn sie entweder bereits weggefallen sind oder dies in absehbarer Zeit passieren könnte. Die bedrohte Alternative wird dadurch aufgewertet, indem die Wahlfreiheit eingeschränkt wird, wobei sich der Reaktanz-Effekt vor allem dann einstellt, wenn etwas verboten oder zensiert wird.

    Beispiel: So wird etwa der entstehende innere psychologische Druck auf Konsumenten dadurch größer, je attraktiver die meist nur hypothetisch verknappten Wahlalternativen erscheinen. Wird dieser Mechanismus allerdings zu sehr bemüht, etwa durch plumpe Beeinflussungsversuche durch einen Verkäufer, kann es auch zum gegenteiligen Effekt kommen, indem man das Produkt innerlich abwertet.
    So gibt es etwa in der Reisebranche verschiedene Strategien, um durch die Darstellung eines zeitlich oder mengenmäßig eingeschränkten Angebots die Attraktivität diesem zu erhöhen. Hinweise auf Reiseportalen wie „noch 2 Zimmer verfügbar“ oder die Information „es sehen sich gerade 16 Personen dieses Hotel an“ begrenzen die Verfügbarkeit die die Angabe „letzte Buchung: vor 5 Minuten“. Auf Konsumenten, die sicher gehen wollen, dass niemand ihnen eine Reise wegschnappt, setzt der folgende Satz: „Reservierung bis heute 18 Uhr – kostenfrei.“ Ein probates Mittel sind auch Frühbucher-Tarife und Aktions-Zeiträume, denn hier wird der Kaufdruck durch eine direkte zeitliche Einschränkung des Angebots hergestellt. Auch vermeintliche Exklusivangebote zählen auf den Reaktanzeffekt, denn wenn etwas nur für einen ausgewählten Kreis erhältlich ist, kommt es zu einer Aufwertung, denn man fühlt sich dann in diesen erlesenen Kreis aufgenommen. Zahlreich Online-Angebote wie Secret Escapes, die nur für Mitglieder verfügbar sind und mit handverlesenen Angeboten werben, nutzen das aus.

    1. Definition
    „Reaktanz ist der innere Widerstand gegen Einschränkungen der individuellen Handlungs- oder Entscheidungsfreiheit.
    Wird eine freie Verhaltensweise bedroht oder durch Verbote sowie äußeren Druck unmöglich gemacht, entsteht ein motivationaler Spannungszustand, der darauf gerichtet ist die verlorene oder bedrohte Freiheit wiederzugewinnen. Dieser motivationale Spannungszustand ist psychologische Reaktanz“ (Eiermann, 2003, S. 2).

    2. Definition
    „Reaktanz: Aus dem Gefühl kommunikativer Bedrängnis und damit eingeengten Entscheidungsfreiraumes resultierende abweisende Erregung, die hinsichtlich der Kommunikationsziele direkte → Bumerangeffekte bewirken kann, in dem der Empfänger sich zu genau gegenteiligen Verhalten veranlasst sieht, um so seine Unabhängigkeit und Selbstständigkeit zu demonstrieren“ (Bänsch, 2006, S. 125).

    3. Definition
    Die Theorie der psychologischen Reaktanz nimmt an, dass jedes Individuum die Freiheit besitzt gewisse Vorgänge auszuführen. „Wird eine dieser Verhaltensweisen bedroht oder zur Unmöglichkeit, entsteht das Phänomen der psychologischen Reaktanz“ (vgl. Rohac, 2009, S. 59).

    4. Definition
    „Jede tatsächliche, vermutete oder für die Zukunft erwartete Einschränkung oder eine entsprechende Bedrohung dieser subjektiv wahrgenommenen Freiheit führt zu einem inneren Spannungszustand, verbunden mit der Motivation, diese Spannung zu reduzieren oder zu beseitigen. Diese Motivation der Freiheitswiederherstellung ist die psychologische Reaktanz“ (Fuchs & Unger, 2007, S. 544).

    5. Definition
    „Reaktanz ist de Motivation zur Wiederherstellung eingeengter oder eliminierter Freiheitsspielräume“ (Raab, Unger & Unger, 2010, S. 65).


    Der Begriff stammt ursprünglich aus der Elektrotechnik und wird dort mit Blindwiderstand übersetzt. Jack W. Brehm hat das Phänomen 1966 in die Psychologie übernommene und auch als erster umfassend untersucht.


    Literatur

    Bänsch, A. (2006). Verkaufspsychologie und Verkaufstechnik. München: Oldenbourg Verlag.
    Eiermann, L. (2003). Die Theorie der Psychologischen Reaktanz. München: Grin Verlag.
    Fuchs, W. & Unger, F. (2007). Management der Marketingkommunikation. Berlin: Springer Verlag.
    Raab, G., Unger, A. & Unger, F. (2010). Marktpsychologie – Grundlagen und Anwendung. Wiesbaden: Gabler Verlag.
    Rohac, S. (2009). Unternehmenskultur und ihre zielgerichtete Veränderung – Ein psychologisch fundierter und prozessorientierter Leitfaden. Hamburg: Diplomica Verlag.
    http://onlinemarketing.de/news/wie-reiseportale-ihre-kunden-durch-psychologie-zum-kaufen-bewegen (14-09-27)


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