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Trainingsgruppe, T-Gruppe

    Als T-Gruppen werden traditionellerweise jene gruppendynamisch motivierten Gruppen bezeichnet, in denen der Prozess der gesamte Entwicklung der Gruppe, die Verteilung der Rollen, die Bestimmung der Ziele und Aufgaben, die Bildung der Normen und Regeln, die Gestaltung der Kultur, die Verteilung von Macht, die Aufnahme neuer Mitglieder, der Umgang mit Dritten und anderen Gruppen im Mittelpunkt stehen. Diese Form der Gruppenarbeit stand dabei am Beginn der Gruppendynamik, die in der Folge zahlreiche Varianten entwickelte.

    Jedes aktive Handeln in der Gruppe gehört dabei zum Prozess und ist somit dynamisch. Ein zentrales Lernziel des T-Gruppen-Trainings ist die Wahrnehmung, Beobachtung und Analyse von Gruppenprozessen. Es soll nicht nur gelebt, agiert, gehandelt werden, es soll das, was geschieht, auch erkannt, benannt, reflektiert werden, und zwar gemeinsam in der Gruppe. Zwar kommt jedes Gruppenmitglied nicht umhin, sich zum Geschehen Gedanken zu machen, zumindest zeitweise darüber nachzudenken, was eben vorfällt. Individuelle Reflexion genügt aber nicht, zumal, wenn jeder seine für sich behält, da jeder das Gruppengeschehen aus seiner eigenen Perspektive selektiv wahrnimmt, eben nur seinen Teil und Anteil, zweitens, weil nur eine zur Verfügung gestellte und kollektivisierbare Reflexion die Gruppe als Ganzes handlungsfähig macht. Ihre soziale Wahrheit, also das, was sie jeweils ist, setzt sich aus einer Vergemeinschaftung aller einzelnen Sichtweisen zusammen. Zwar agieren Gruppen auch ohne diese Reflexion manchmal recht effizient, es ist aber gerade der aufklärerische Auftrag der Gruppendynamik, Gruppen in Stande zu setzen, sich über sich selbst Klarheit zu verschaffen, ihren Standort bestimmen zu lernen, sich dabei ihre individuelle soziale Wahrheit zu geben. Es geht in der T-Gruppe also um einen Akt der Selbstvergewisserung, des Setzens selbstbewusster Kollektivität, die eine Bedingung für Selbststeuerung darstellt.

    Das T-Gruppen-Lernmodell arbeitet also mit einem Entzugsschock, d.h., es verweist Teilnehmerinnen und Teilnehmer konsequent auf die hier und jetzt vorhandene und agierende Gruppe und verbietet dieser gleichsam sich mit etwas anderem zu beschäftigen als mit sich selbst. Das klassische T-Gruppentraining dauerte fünf Tage und begann in der Regel mit dem Autoritätsproblem, also der Auseinandersetzug mit dem Trainer und endete meist in emotionaler Umarmung der Gruppe. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer war oft gebannt von der Urgewalt, die hier in den Gruppen losbrach, denn was ihnen widerfuhr, war antiautorität und revolutionär. Dem Modell liegt zweifellos eine gewisse Rigidität zugrunde. Was immer auch die Gruppe unternimmt, berichtet, was immer auch Personen erzählen, sie werden es nicht unterlassen, die Frage zu stellen, was dies alles mit der aktuellen Situation der Gruppe, ihren Problemen, Schwierigkeiten, Ängsten und Freuden zu tun hat. Dadurch wird die Gruppe jeweils wieder ins Zentrum gerückt, was für Menschen in Gruppen durchaus ungewohnt ist, da normalerweise Teams und Gruppen etwa in der Arbeitswelt einer konkreten Aufgabe, einem übergeordneten Ziel verpflichtet und damit untergeordnet sind. In diesem Fall wird die Gruppe als solche im Allgemeinen nur dann zum Thema gemacht, wenn sie nicht funktioniert, und auch dies nur durch Gruppen, die schon eine gewisse Erfahrung in Selbststeuerung besitzen. In den meisten Fällen lavieren sich Gruppen aber meist irgendwie durch und vermeiden es überhaupt, sich selbst zum Thema zu machen, sodass damit der Einfluss der Gruppenprozesse meist unbewusst bleibt und daher auch nicht nutzbringend verwenden werden können.

    Das T-Gruppenmodell wechselt die Perspektive völlig, indem sie der Gruppe gerade das entzieht, wofür sie sonst eingerichtet ist. Dies lässt viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer zunächst das Gefühl haben, sich im luftleeren Raum bewegen zu müssen, und diese rufen in den ersten Tagen nach einem Thema, einer Aufgabe, einer Führung und können mit dem Hinweis, dass sie selbst und die Gruppe das Thema sind, nichts oder nur wenig anfangen. In der Regel bleibt das für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nebulös, abstrakt, ungreifbar und auch Trainerhinweise, dass es sich um das Konkreteste, weil unmittelbar Erlebbare und für alle Vorhandene handwlt, werden eher als Ironie oder Provokation verstanden. Es dauert in solchen Trainingsgruppen daher eine geraume Zeit, bis dieser Perspektivenwechsel gelingt, wobei im Prozess dorthin eine Gruppe aber bereits wichtige Gruppenphänomene zu identifizieren bzw. Prozesse zu verfolgen lernt. Die Gruppe als Sozialkörper ist von vornherein nicht vorhanden, denn einzelne Individuen sind in aller ihrer mitgebrachten Unterschiedenheit zusammengekommen und es gibt auch keinen Arbeitsauftrag, der sie wie sonst aneinander bindet. Auch die erwartete Autorität durch die TrainerInnen, die sonst allen Anfang setzt und seine Leere überbrückt, verweigert sich, so dass zunächst tatsächlich ein Vakuum entsteht, das den Mangel eines funktionierenden Sozialkörpers überdeutlich spürbar macht. Die Gruppe muss sich eben erst aus sich selbst konstituieren und das ist wiederum etwas, das Menschen im Alltag sonst kaum bewusst erleben. Es ist aber genau diese Selbstkonstitution, dieser Münchhausenakt, der Gruppen zu autonomen, sich selbst steuernden Sozialgebilden macht, denn in ihr erwirbt sich nach dem Durchgang durch einzelne Phasen die Gruppe die ihr je eigene Individualität.

    Eine gruppendynamische Trainingsgruppe ist ein rekursives Lernsystem, denn es werden Gruppen gebildet, deren Aufgabe darin besteht, über sich als Gruppen nachzudenken und alle darin vorkommenden und relevant erscheinenden Phänomene zu besprechen, sodass man am eigenen Beispiel lernt. Gruppenprozesse werden gleichzeitig erlebt und beobachtet, man erhält Feedback auf das eigene Gruppenverhalten und man lernt, wie der Gruppenprozess und die eigene Position darin miteinander zusammenhängen, sodass das meiste, das man in der solchen Trainingsgruppe lernt, unmittelbar erfahrungsbasiert stattfindet. Die im Gruppenprozess einer Traings-Gruppe auftauchenden Themen betreffen etwa die Herausbildung und Veränderbarkeit individueller Rollen und Funktionen in Gruppen, die Entstehung von Normen und Standards, die Bedeutung von Einfluss und Vertrauen als strukturbildende Elemente des sozialen Geschehens, Konflikte in Gruppen, die Bedeutung von Feedback für individuelles und kollektives Lernen, die Entstehung und Bedeutung von Autorität und Führung in Gruppen oder Phasen der Gruppenentwicklung.

    Wikipedia definiert: Gruppendynamische Trainings sind eine Teildisziplin der Gruppendynamik und eine Sonderform von Gruppenarbeit. Als Übungsraum für soziale Gruppenprozesse dienen sie dem Ziel, das soziale Geschehen in Gruppen durch Selbsterfahrung und Gruppenerfahrung kennenzulernen und sich in der Gestaltung von Verständigungsprozessen in Gruppen zu üben.

    Literatur
    Heintel, Peter (Hrsg.) (2006). betrifft: TEAM. Dynamische Prozesse in Gruppen. Opladen.
    Heintel, Peter (1999). Innehalten. Gegen die Beschleunigung – für eine andere Zeitkultur. Freiburg: Herder-Verlag.
    Luft, J. (1986). Einführung in die Gruppendynamik. Stuttgart.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Gruppendynamisches_Training (12-12-12)
    http://www.uni-klu.ac.at/iff/oegd/inhalt/590.htm (12-12-12)


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