Die Replizierbarkeit ist eine Anforderung innerhalb des quantitativen wissenschaftlichen Ansatzes und bedeutet, dass eine Untersuchung unter denselben Bedingungen unter Anwendung derselben Methode wiederholt werden kann und dann auch dieselben Ergebnisse gefunden werden. So sollte in der Psychologie ein Experiment, wenn es unter den gleichen Versuchsbedingungen zweimal durchgeführt wird, auch zweimal in etwa zum gleichen Ergebnis führen, wobei sich in jeden Versuch Messfehler einschleichen können, die das Ergebnis verzerren. Das Prinzip der Replizierbarkeit soll sicherstellen, dass man nicht einen Zufallsfund, den es in jedem Experiment geben kann, für allgemeingültig hält. Allerdings werden auch Experimente, die nicht replizierbar sind, meist nach bestem Wissen und Gewissen durchgeführt, denn Fälschungen sind nach wie vor Einzelfälle. Offensichtlich werden aber durch Fehler im System Wissenschaft oft Größe und Stabilität von Effekten einfach überschätzt, wobei es auch als Verschwendung von Zeit und Ressourcen gilt, die Experimente anderer bloß zu wiederholen. Oft fügen Forscher bekannten Experimenten eine kleine Variation hinzu, denn sie müssen etwas Neues generieren, das sie anschließend in renommierten Fachzeitschriften publizieren können. Die Replizierbarkeit ist aber in allen natur- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen ein fundamentales Problem.
Von 100 Studien, die 2008 in drei Psychologie-Journalen erschienen waren, ließen sich etwa nur 39 bestätigen, wobei vor allem jene Studien nicht repliziert werden konnten, die besonders überraschende oder schwache Effekte zeigten. Dieses Ergebnis muss aber nicht bedeuten, dass die Studien falsch durchgeführt wurden, sondern zum Teil liegt es an der Dokumentation der Experimente, zum Teil daran, wie man mit ermittelten Daten umgeht, denn allein die Entscheidung, welche Daten aus der Analyse herausfallen, weil Ausreißer sein dürften, kann Ergebnisse massiv verändern, wobei besonders den Mittelwert, der für viele statistische Verfahren zentral ist, dafür anfällig ist. Insbesondere in der Sozialpsychologie gibt es eine Vielzahl von Studienergebnissen, die sich bei Wiederholung der Experimente durch andere Forscher nicht bestätigen ließen. Aber nicht nur die Sozialpsychologie, sondern auch andere Bereiche der psychologischen Forschung kämpfen aus diesem Grund mit Zweifeln an ihrer Glaubwürdigkeit.
Literatur
Bohannon, J. (2015). Many psychology papers fail replication test. Science, 349, 910-911.
Serra-Garcia, Marta & Gneezy, Uri (2021). Nonreplicable publications are cited more than replicable ones. Science Advances, 7, doi:10.1126/sciadv.abd1705.
Stangl, W. (2021). Warum finden unreplizierbare Forschungsergebnisse so viel Aufmerksamkeit? – Psychologie-News. Werner Stangls Psychologie News.
WWW: https://psychologie-news.stangl.eu/3768/warum-finden-unreplizierbare-forschungsergebnisse-so-viel-aufmerksamkeit (21-05-26).
https://lexikon.stangl.eu/9914/wissenschaftliche-methoden/ (14-11-21)